Nach dem Gipfel: Setzen auf Türkei

Große Erwartungen wurden in den Sondergipfel zum Flüchtlingsproblem gesetzt. Mit dem Vorstoß der Türkei, gegen weitreichende Zugeständnisse alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen, will die EU die Migrationskrise überwinden.

Die Türkische Fahne

APA/AFP/OZAN KOSE

Mittagsjournal, 8.3.2016

Aus Brüssel,

„Irreguläre Ströme von Migranten entlang der Westbalkanroute müssen nun enden“ heißt es lapidar im Gipfelpapier. Wie soll das gelingen? Der Türkische Premierminister Davutoglu macht der EU ein Angebot, das sie einfach nicht ablehnen kann: Wir hoffen, dass die Rücknahme der syrischen Flüchtlinge helfen wird, die Migrantenzahlen zu verringern.

Die Türkei bietet an, alle Flüchtlinge, die in Griechenland sind, zurück zu nehmen und damit das schier unlösbare Problem auf einen Schlag praktisch zum Verschwinden zu bringen. Weil die EU selbst keine Verteilung zustande bringt, sind alle Staats und Regierungschefs heilfroh um diesen Strohhalm. Aber so ein Angebot gibt es natürlich nicht gratis. Schon ab Juni sollen Türken frei ohne Visum einreisen können.
Und Davutoglu macht klar, dass für ihn der EU-Beitritt der eigentliche Preis dafür ist: Für uns das eine Paketlösung. Es geht um humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge, aber es geht auch um den Beitrittsprozess der Türkei.

Das geht vielen gegen den Strich. Da ist die Geldfrage eher eine Nebensache. Statt 3 sollen es nun sechs Milliarden Euro sein. aber Davutoglu macht geschickt klar, dass die Flüchtlinge eben etwas kosten: Wir haben uns auf zusätzliche Finanzierung geeinigt. Aber das Geld ist nicht für die Türkei. Kein einziger Euro ist für uns. Es heißt jetzt, „Die Türkei verlangt mehr Geld“, aber die Türkei verlangt für sich gar nichts! Wir geben bereits 10 Milliarden unseres nationalen Budgets für die Flüchtlinge aus.

Die Türkei habe bereits jetzt mehr Flüchtlinge als sonst jemand. Es gehe einfach um eine faire Lastenteilung, sagt Davutoglu. Viele EU-Staaten wären froh, ihre derzeitigen Lasten auf die Türkei abschieben zu können und dafür etwas zu bezahlen. Aber die wahre Last bleibt den EU Staaten erhalten: sie müssen sich auf jeden Fall auf eine Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU einigen, denn dass tatsächlich nun niemand mehr ankommt, ist unwahrscheinlich. Und es sollen ja auch neue Syrer legal aus der Türkei aufgenommen werden. Vieles bleibt unklar, großer Streit ist vorprogrammiert. Aber die EU kann Davutoglus Angebot nicht rundheraus ablehnen.