Jonas Jonassons Mörder Anders
Auch der dritte Roman von Jonas Jonasson zeigt die Vorliebe des Schweden für umständliche Titel: "Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind" heißt er und wimmelt wieder von skurrilen Figuren.
8. April 2017, 21:58
Mit seinem Debütroman "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" wurde der damals 48-Jährige schlagartig berühmt. In mehr als zwanzig Sprachen übersetzt, erreichte das Buch Millionenauflagen. 2013 wurde es auch verfilmt.
Morgenjournal, 11.4.2016
Die Körperverletzungsagentur
Na, da haben sich zwei gefunden. Durch Zufall entdecken eine atheistische Pastorin, die von ihrer Gemeinde verjagt wurde und der Rezeptionist eines Stundenhotels, dass sie nicht nur eine gewisse körperliche Zuneigung, sondern auch einen skrupellosen Geschäftssinn teilen. Mit einem naiven Gewaltverbrecher, dem titelgebenden Mörder Anders an der Hand, gründen sie deshalb eine Körperverletzungsagentur.
Wer Feinde hat, kann denen fortan zu genau festgelegten Tarifen Arme oder Kniescheiben brechen lassen. Beschrieben wird das mit einer fast zynischen Ironie. Jonas Jonasson: "Mir wurde schon gesagt, dass ich einen typisch skandinavischen Humor habe, dass ich einen typisch britischen Humor habe und letzte Woche hat mich hier auf Gotland ein Literaturkritiker aus Seoul besucht und mir erzählt, dass ich der beliebteste Autor in Korea bin, vielleicht ist mein Humor also koreanisch."
"Zum Glück kam mein Burn-out"
Von Korea bis Brasilien und von Island bis Indonesien. In 42 Länder wurden die Rechte von Jonassons Erstling "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" verkauft. Jonasson ging schon auf die fünfzig zu, als er das Buch schrieb, die Idee dazu trug er aber schon lange mit sich herum. Jonas Jonasson: "Ich wusste schon mit 18, dass ich Schriftsteller bin, obwohl ich damals nicht nur noch nichts veröffentlicht, sondern auch noch gar nichts geschrieben hatte. Dann ging ich aber auf die Universität, wurde Journalist, gründete ein Medienunternehmen und hatte auf einmal 100 Angestellte. Plötzlich waren 30 Jahre vorbei, doch dann kam zum Glück mein Burn-out und zwang mich, noch einmal ganz neu zu beginnen und da konnte ich endlich der Schriftsteller werden, der ich schon immer war."
Mörder wird Missionar
Mörder Anders verdient zwar gutes Geld, findet dann aber plötzlich zu Jesus und wird zum Missionar, um die Dämonen abzustreifen, die ihn wegen seiner kriminellen Vergangenheit quälen. Wie hält es Jonas Jonasson mit seinen Dämonen? "Ich werde nicht von irgendwelchen Dämonen getrieben. Ingmar Bergman, der nicht weit von hier lebte, hatte seine Dämonen. Der Ausgangspunkt meiner Arbeit ist aber Freude. Es gibt viel zu wenige Bücher mit Happy End. Wir wollen immer, dass alles gut ausgeht, in der Literatur ist das aber selten. Wie kommt das? Sind etwa alle Schriftsteller depressiv?"
Vorskizzierte Pointen
Nichts gegen Wohlfühlromane und wie die ganz hervorragend funktionieren können, hat Jonasson mit seinem Hundertjährigen auch eindrücklich gezeigt: Da tanzt und stolpert der Held durch die Welt und ihre Geschichte, und es ist dabei ganz allein die Figur, die Geschwindigkeit und Rhythmus der Erzählung vorgibt. In "Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind" scheint Jonasson aber auf dem Reißbrett seine Pointen vorskizziert zu haben. Und wie bei Malen nach Zahlen hat er die ungeduldig mit erzählerischen Geraden verbunden und dabei seine Figuren zu klischeehafte Schatten ihrer selbst verhungern lassen.
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Jonas Jonasson, "Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind", Carl’s books