Roman von Sofia Andruchowytsch
Der Papierjunge
Vom stumpfen Glanz der Illusionen - davon weiß die junge westukrainische Autorin Sofia Andruchowytsch zu berichten. Ihr fesselnder Roman "Der Papierjunge", über ein ungleiches Frauenpaar in Gallizien um 1900, ist jetzt auf Deutsch erschienen.
8. April 2017, 21:58

RESIDENZ VERLAG
Service
Sofia Andruchowytsch, "Der Papierjunge", Roman, aus dem Ukrainischen übersetzt von Maria Weissenböck, Residenz Verlag
Originaltitel: "Felix Austria"
Am Sonntag, 24. April, 12:30 Uhr findet im Rahmen des ukrainischen Ostermarktes (Postgasse 8-12, 1010 Wien) die Buchpräsentation in ukrainischer Sprache statt. Die Übersetzerin Weissenböck wird anwesend sein und auch Fragen auf Deutsch beantworten.
Die offizielle Präsentation der deutschen Fassung findet am 7. Juni um 19:00 Uhr in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur statt (Wien 1010, Herrengasse 5) statt. Sofia Andruchowytsch und Maria Weissenböck werden anwesend sein.
Sofia Andruchowytsch kennt ihre westukrainische Heimatstadt Iwano-Frankiwsk genau; doch das historische Stadtpanorama, das ihr Roman entwirft, setzt genaue Recherchen voraus. Jedenfalls hat sie das gesellschaftliche Leben am Beginn des 20. Jahrhunderts, das Mit- und Gegeneinander der polnischen, ukrainischen, deutschen und jüdischen Bevölkerungsschichten, zu einem farbigen, detail- und nuancenreichen Panorama einer westgalizischen, zur österreich-ungarischen Monarchie gehörigen Kleinstadt verdichtet, das für sich schon lesenswert wäre. Doch im Roman fungiert es vor allem als Hintergrundbild für die schmerzliche Symbiose zweier junger Frauen - Sofia Andruchowytsch ist die überzeugende Kombination beider Elemente gelungen. Die Handlung spielt im Laufe des Jahres 1900, und Iwano-Frankiwsk hieß damals Stanislau.
Hätte am Beginn des Romans vielleicht der Verdacht aufkommen können, hier werde das Panorama einer Stadt und einer Epoche allzu realistisch und in gerade altmeisterlicher Detailtreue und Kontinuität ausgebreitet, so überzeugt die radikale Desillusionierung der lch-Erzählerin vollkommen und zeigt, wie vertraut die Autorin mit den Brüchen und Diskontinuitäten moderner Erzähltechniken ist.
Die exzellente Übersetzung von Maria Weissenböck (mit knappen Erklärungen unbekannter Realien) zeigt, dass dieser Roman über eine Sprache für die Atmosphäre einer vergangenen Welt ebenso verfügt wie für nüchterne Reflexionen oder religiöse Fantasien.