Roman von Yann Martel
Die hohen Berge Portugals
Nach "Schiffbruch mit Tiger" (2001), einem witzig-lakonischen Roman rund um die Frage "Was ist Glaube?", begibt sich der kanadische Autor in die Berge. Wieder hat er eine Sinnfrage und tierische Protagonisten dabei - und wieder lotst er die Leser mit leichter Hand an die schweren Themen Tod, Liebe und Hoffnung heran.
8. April 2017, 21:58
Antonia Löffler
Der junge Portugiese Tomas hat seine Frau und seinen kleinen Sohn verloren. Er ist zerstört und geht nur noch rückwärts.
Service
Yann Martel, "Die hohen Berge Portugals", Roman, aus dem Englischen von Manfred Allié, S. Fischer Verlag
Originaltitel: "The High Mountains of Portugal"
Zitat
Sein Onkel versteht nicht, dass das Rückwärtsgehen, mit dem Rücken zur Welt, dem Rücken zu Gott, kein Ausdruck von Trauer ist. Es ist Protest. Denn wenn jemandem alles, was ihm lieb war im Leben, genommen wird, was soll er da anderes tun, als zu protestieren?
Doch stiller Protest reicht ihm irgendwann nicht mehr und Tomas will Rache an Gott nehmen. Dazu begibt er sich in einem der ersten Automobile von Lissabon in die karge Gebirgsregion im Nordosten des Landes. Im Gepäck hat er das Tagebuch eines ebenso einsamen, heimwehkranken Sklavenmissionars aus dem 17. Jahrhundert und den Vorsatz, seine Privatfehde mit dem Allmächtigen zu gewinnen.
Sein tragikomischer Roadtrip ist der Anfang eines literarischen Triptychons. Im zweiten und dritten Kapitel lernt man den portugiesischen Pathologen Eusebio und den kanadischen Senatsabgeordneten Peter kennen. Obwohl Jahrzehnte zwischen ihren Leben liegen, haben die drei Männer eines gemeinsam: Sie haben etwas Wichtiges verloren. Ihre Geschichten sind verstreut über das 20. Jahrhundert und dennoch auf magisch-surrealistische Weise miteinander verflochten.