Dritter Verhandlungstag zu Hofburg-Wahl

Schon den dritten Tag gehört die volle Aufmerksamkeit den 14 Höchstrichtern, die entscheiden müssen, ob die Bundespräsidenten-Stichwahl wiederholt werden muss. Die Zeugeneinvernahmen an den beiden ersten Tagen des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht haben deutlich vor Augen geführt, wie sehr man sich die Wahlvorschriften zurechtgebogen hat, um fertig zu werden mit den vielen Wahlkarten.

Wahlkarten

APA/NEUMAYR/MMV

Mittagsjournal, 22.6.2016

Vom Verfassungsgerichtshof,

Da wurde zu früh oder sogar in Abwesenheit der Wahlbeisitzer ausgezählt, da haben Wahlhelfer blanko unterschrieben. Unhaltbar und beschämend, wie der Innenminister findet - und nicht nur er - aber ändert das was am knappen Ergebnis für Alexander van der Bellen oder wäre es theoretisch möglich gewesen, das Resultat zu verfälschen. Ö1 Innenpolitikredakteuer Wolfgang Werth, für uns im Verfassungsgericht, legen die heutigen Zeugen eine Antwort nahe?

Mir scheint, die anfechtende Partei hat heute weitere Punkte gesammelt, ob das ganze ausreicht, die Latte der Möglichkeit der Gesamtverfälschung des Resultats zu überschreiten, steht noch einmal in den Sternen.

Zuerst einmal eine gute Nachricht, die aber das Kraut nicht besonders fett macht: An der Bezirkshauptmannschaft Liezen wurde - so wurde heute Vormittag festgestellt - mit dem Thema Briefwahlstimmen perfekt umgegangen: Die Bezirkswahlbehörde, also die Kommission, wurde ordnungsgemäß für Nachwahl-Montag um 9:00 Uhr geladen, die Kommission ist ordnungsgemäß zusammengetreten, es wurden dann ab 9:00 Uhr die 8.700 Außenkuverts aufgeschnitten, die Innenkuverts herausgenommen, die Nichtnachvollziehbarkeit des jeweiligen Absenders sichergestellt und mit der Auswertung begonnen.

Das hören Juristen sicher gern?

Aber sicher. "Das ist in ihrem Fall wirklich ganz exzellent abgelaufen" hat Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger den Bezirkshauptmann von Liezen, der eben auch Wahlleiter war gelobt. Aufgrund welcher Indizien die anfechtende FPÖ Liezen überhaupt näher vom Höchstgericht überprüft haben wollte ist insofern unklar und wurde bei der Verhandlung nicht näher erläutert. Allerdings, bei dem guten Dutzend der anderen bisher untersuchten Bezirke war es - so meine Einschätzung als Prozessbeobachter - durchaus berechtigt, dass der Verfassungsgerichtshof da sehr genau hinschaut.

Liezen also ein Vorzeigebezirk, wo ist's
denn nicht so toll gelaufen?

Zum Beispiel im Bezirk Bregenz. Da haben unzuständige Bezirkshauptmannschafts-Mitarbeiter, guten Willens, um nur ja rechtzeitig fertig zu werden, die Wahlkarten zu früh, und offenbar zeitweise ohne Aufsicht von Kommissionsmitgliedern aufgeschnitten. Da wurden die Wahlkarten in den Wochen davor in einem Büro aufbewahrt, zu dem frühmorgens auch Reinigungskräfte Zugang hatten.

Böse Absicht oder Verzweiflungstat?

Die Verwaltungsbehörden sind auch irgendwie arm dran, das zeigt sich, dass es in Bregenz auch eine Aufbewahrungsurne gibt, die 4.000 Wahlkarten umfasst, eingelangt sind aber mehr als 11.000, die dann zwar in einem anderen Behältnis versperrt, aber eben nicht in der Profi-Urne abgelegt wurden. Andererseits wundert es mich ein bisschen warum die Bezirkshauptmannschaften landauf-landab nicht in den Wochen davor schon Alarm gerufen haben, wir packen den Ansturm nicht mehr korrekt.

Und - so hört man immer wieder - auch das Innenministerium soll Druck gemacht haben, schnell fertigzuwerden mit der Auszählung, weil alle schon aufs Ergebnis warten. Hat sich das bestätigt?

Das ist immer wieder Thema im Gerichtssaal, den rauchenden Colt, die Weisung irgendeiner Mittel- oder Oberbehörde an die Bezirksbehörden hat man nicht gefunden. Ich habe den Eindruck, da wird manchmal ein höflicher Anruf aus der Landeshauptstadt - na wann ist es denn endlich so weit, gleich als Vergatterung empfunden. Selbst wenn es so wäre, so was sollte man eigentlich aushalten als unkündbarer beamteter Wahlleiter oder als politisch bestellter Laien-Beisitzer.