"El Juez": Carreras im Theater an der Wien

Vor zwei Jahren ist Startenor José Carreras in Bilbao nach langer Abwesenheit auf die Opernbühne zurückgekehrt - mit der Uraufführung der für ihn komponierten Oper "El Juez" (der Richter). Ein Werk, in dem es um die sogenannten gestohlenen Kinder der Franco-Diktatur geht. Jetzt kommen "El Juez" und Carreras zweimal ans Theater an der Wien. Am Pult des ORF Radio Symphonieorchesters steht der Komponist selbst, Christian Kolonovits.

Morgenjournal, 27.6.2016

Archiv bis heute verschlossen

Ihre Eltern waren Gegner der Franco-Diktatur - deshalb wurden ihnen ihre Kinder weggenommen. So geschehen in Spanien während der Franco-Diktatur zwischen 1939 und 1975, wo rund 30.000 Kinder ihren politisch linksstehenden Eltern weggenommen wurden. Weil sie als gefährdet galten, wurden sie in Klöstern und anderen öffentlichen Einrichtungen umerzogen.

Die Kinder bekamen neue Namen und erfuhren nie, woher sie kamen und wer ihre wirklichen Eltern waren. Das Regime wollte damit die sogenannten "roten Gene" in Spanien ausrotten. Bis heute blieb das einzig existierende Archiv verschlossen, und die quälenden Fragen nach der eigenen, der wahren Identität ohne Antwort.

Zeitzeuge Carreras

Es war eine dunkle und schwierige Zeit in der spanischen Geschichte.
José Carreras war Zeuge - als Kind. Auch seine Eltern standen auf der anderen, der regimekritischen Seite. "Mein Vater und Großvater kämpften gegen Franco, denn in meiner Familie hat es immer ein großes Bedürfnis nach Freiheit und Demokratie gegeben. Sie haben uns Kindern gelehrt, worauf es im Leben ankommt. Ich bin ihnen bis heute für die Prinzipien und die Werte dankbar die sie uns vermittelt haben", sagt Carreras.

Die Handlung der Oper basiert auf dieser Begebenheit, die Einzelschicksale sind aber frei erfunden. José Carreras ist jener Richter, der die Akten unter Verschluss halten soll und am Ende entdeckt, dass er selbst eines dieser gestohlenen Kinder war.

Keine politische Oper

Trotz allem ist "El Juez" keine politische Oper. "Wir wollten nicht in die politische Geschichte involviert werden", so Carreras. "Die Handlung spielt wohl in dieser Periode, aber es geht um menschliche Gefühle, schöne Musik, Entwicklung der einzelnen Charaktere. Es ist nicht notwendig Proklamationen für oder gegen gewisse Ideale abzugeben. Die Menschen können sich das selber denken."

Uraufgeführt wurde "El Juez" mit Riesenerfolg in Bilbao. Damit nach Wien zurückzukommen, war dem spanischen Tenor besonders wichtig - kennt man doch sein Naheverhältnis zu dieser Stadt. Immerhin war Wien eine seiner ersten Comeback-Stationen nach der 1987 diagnostizierten Leukämieerkrankung.

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Theater an der Wien - El Juez
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