Skepsis gegenüber Wahlbeisitzerpflicht
Mit Skepsis reagieren die Parteien auf den Vorschlag von Innenminister Sobotka (ÖVP), dass Bürger als Wahlbeisitzer verpflichtet werden sollen. Sowohl die Regierungsparteien als auch die Opposition halten wenig von einer Pflicht, vielmehr solle die derzeitige Regelung verbessert werden.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 4.7.2016

APA/HANS KLAUS TECHT
Zweifel an Verbesserung der Qualität
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder bezweifelt, dass eine Verpflichtung von Wahlbeisitzern ähnlich dem System bei Schöffen besser wäre. Es müssten "zigtausende Leute" zugelost und neu eingeschult werden. "Ich weiß nicht, ob die Qualität dadurch steigt", betonte Schieder. Schieder ist vielmehr dafür, die Regeln für Wahlbeisitzer bundesweit einheitlich zu gestalten und zu verbessern, also etwa Wahlbeisitzer höher zu entschädigen. Auch die Wirtschaft sollte einbezogen werden, indem sie den Beisitzern Urlaub oder Zeitausgleich für die Wahl- und Auszähltage gewährt.
Auch für ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hat die Beibehaltung des derzeitigen Wahlbeisitzer-Systems Vorrang. "Ich halte es für ein gutes System, wenn wahlwerbende Parteien ihre eigenen Vertreter in die Wahlkommissionen entsenden, denn die sind besonders motiviert, die sind politisch interessiert", so Lopatka. Mit entsprechenden Schulungen halte er das System für eines, das allen internationalen Standards entspreche. Mit den Parteien solle nach der Wiederholung der Stichwahl, die ohnehin nach alten Regeln stattfinden werde, Gespräche geführt werden, wie das System verbessert werden könnte. Auch Lopatka ist etwa für eine bessere Bezahlung der Wahlbeisitzer. Nur wenn das alles nicht fruchtet, will Lopatka über eine verpflichtende Regelung nachdenken.
Grüne wollen "durchführbare Regeln"
Auch Freiheitliche und Grüne, denen vorgeworfen wird, bei der Stichwahl zu wenige Wahlbeisitzer bereitgestellt zu haben, sprechen sich gegen eine Verpflichtung aus. Der Freiheitliche Harald Stefan sieht vor allem die Parteien gefordert, Wahlbeisitzer bereitzustellen. "Das ist auch in ihrem eigenen Interesse - hier muss man auch vor der eigenen Haustür kehren", so Stefan.
Der Grüne Dieter Brosz hält eine Verpflichtung der Wahlbeisitzer für rechtlich problematisch. "Vor allem, was ist, wenn dann jemand nicht kommt - gibt es dann Strafen, kann dann überhaupt ausgezählt werden?", fragt Brosz. Seiner Meinung nach müssen die Regelungen so angepasst und gestaltet werden, dass sie auch wirklich durchführbar sind. Brosz schlägt vor, einen Pool von Personen zu bilden, die als Wahlbeisitzer eingesetzt werden könnten, da vor allem für die Auszählung der Stimmzettel. Am Wahltag selbst könnten verstärkt Beamte eingesetzt werden, schlägt Brosz vor.
Mehr Anreize für Beisitzer gefordert
Nikolaus Scherak von den NEOS hält das Schöffensystem nicht für übertragbar auf die Wahlbeisitzer. Denn erstens brauche es viel mehr Wahlbeisitzer, zweitens könne das Vertrauen der politischen Parteien, dass richtig kontrolliert werde, nicht mehr gewährleistet sein.
"Wenn man ein Anreizmodell schafft, dass man die Beisitzer ausreichend entlohnt, dann würden sich ohnehin genug finden", sagt Robert Lugar vom Team Stronach.
Also keine Verpflichtung, aber mehr Anreize, damit sich mehr Personen als Wahlbeisitzer zur Verfügung stellen, so lautet mehr oder weniger die Linie aller Parlamentsparteien.