Erdogan will Todesstrafe
Nach dem gescheiterten Militärputsch will der türkische Präsident Recep Tayep Erdogan die Todesstrafe für Dissidenten einführen - was die EU massiv kritisiert. Gestern abend hat die deutsche ARD ein Interview mit Erdogan ausgestrahlt, darin hat der Präsident seine Pläne verteidigt. Eine mögliche Verschlechterung der Beziehungen zur EU scheint Erdogan dabei wenig zu kümmern.
8. April 2017, 21:58
APA/AFP/ADEM ALTAN
Morgenjournal, 26.7.2016
Die Massen-Verhaftungen nach dem Putschversuch, von der Türkischen Regierung selbst "Säuberungen" benannt, werden in Europa als Schritt weg von der Demokratie hin zu einer Diktatur gesehen. Als einer Demokratie besonders unwürdig wird der Ruf nach der Wiedereinführung der Todesstrafe angesehen. Doch Präsident Erdogan dreht den Spieß um und bezeichnet die Todesstrafendiskussion als demokratische Notwendigkeit.
Nach der derzeitigen Stimmungslage im Land und den Mehrheitsverhältnissen im Parlament scheint es so gut wie sicher, dass eine solche Gesetzesvorlage angenommen würde. Damit würde die EU die Beitrittsverhandlungen sofort beenden, das hat Kommissionspräsident Juncker erneut bekräftigt. Diese Haltung der EU findet Erdogan sehr seltsam. Die Ablehnung der Todesstrafe sei doch wohl eher eine Minderheitsmeinung.
Offenbar hat die Türkei auch immer weniger Interesse, an diesem Minderheitenprogramm teilzunehmen. Seit 56 Jahren warte man jetzt vor den Toren der EU. Die EU sei nicht aufrichtig, sagt er. Das Flüchtlings-Abkommen werde in keinem Teil eingehalten. Von den versprochenen drei Milliarden Euro für die Flüchtlinge seien erst ein bis zwei Millionen eingetroffen. Auch die versprochene Visafreiheit für Türken sei bisher nicht umgesetzt worden. Das liegt allerdings an der Türkei selbst, die ihr menschenrechtswidriges Antiterrorgesetz nicht geändert hat. Ob er den Ausnahmezustand nach drei Monaten verlängern wolle, wird Erdogan noch gefragt. Das komme darauf an, ob sich die Lage beruhigt, sagt er und verweist auf Frankreich. Dort habe es nur Terroranschläge gegeben und keinen Staatsstreich, und Frankreich habe bereits neun Monate lang Ausnahmezustand. Das sei wohl nicht zu vergleichen.
Jedenfalls schafft es der türkische Präsident in dem ARD-Interview, sich selbst als besseren Demokraten und die EU als unzuverlässigen Partner darzustellen. Mit dieser Argumentation weiß er tatsächlich die Mehrheit der Türken hinter sich. Eine laute Mehrheit, die jeden Abend für Erdogan auf die Straße geht.