40.000 Festnahmen in der Türkei
In der Türkei reißt auch mehr als vier Wochen nach dem Putschversuch die Welle von Festnahmen und Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst nicht ab. Bisher seien insgesamt 40.000 Menschen festgenommen worden, sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Abend in einem TV-Interview. Jeder zweite sei nach wie vor in Haft. Zugleich hat die Regierung gestern begonnen, ältere Häftlinge vorzeitig zu entlassen - um Platz für die Neuen zu machen.
8. April 2017, 21:58
APA/AFP/DIMITAR DILKOFF
Morgenjournal, 18.8.2016
Massen-Festnahmen und Entlassungen
Mit regungsloser Mine von zwei Journalisten des Staatsfernsehens befragt, zieht Ministerpräsident Yildirim Bilanz: 40.029 Personen wurden insgesamt festgenommen, - das sind Polizeibeamte, Soldaten, Mitglieder der Justiz und Bürokraten. 5.000 sind in U-Haft, 20.300 insgesamt noch in Haft.
Auch die Zahl der Entlassungen legt Yildirim vor:
demnach hat die Regierung fast 80.000 Personen von ihren Posten bei Militär, Polizei oder Justiz entfernt. Rund 4.000 Firmen und Institutionen mit Verdacht auf Verbindungen zur Gülen-Bewegung sind geschlossen worden.
Im BBC Radio sagt eine in London lebende türkische Journalistin, das Land sei traumatisiert, sämtliche Institutionen gelähmt: Millionen Menschen sind betroffen, denn all diese Leute haben Familien, und sie werden keinen neuen Job bekommen, ehe ihre Unschuld nicht geklärt ist; das bedeutet aber auch einen Zustand, wo niemand dem anderen traut, oft sogar in der eigenen Familie, und das wird die Türkei jahrelang belasten.
So überfüllt müssen die Gefängnisse sein, dass Präsident Erdogan gestern per Dekret (das ihm der Ausnahmezustand gewährt) zig-tausend ausgesuchte Gefängnisinsassen vorzeitig zur Freilassung beordert hat. Keine Schwerkriminellen, wird betont, und mit Begnadigung sondern auf Bewährung. Verurteilte machen Platz für Leute, die teilweise noch nicht einmal ihre Rechtsanwälte kontaktieren konnten.
Zugleich wird weiter verhaftet: Allein in dieser Woche hat es bisher 51 Razzien in Firmen gegeben, dutzende Führungskräfte wurden abgeführt - alle im Verdacht, zum angeblichen Drahtzieher des Putsches, Fetullah Gülen, Verbindungen zu haben.