Julius Koller im MUMOK

Der slowakische Künstler Julius Koller (1939-2007) hat sich zeit seines Lebens bemüht, die Kunst aus verkrusteten Institutionen wie Museen und Akademien zu befreien und sie wieder in die Welt und in den Alltag zu bringen. Mit viel Witz und Offenheit schuf er - trotz der restriktiven Bedingungen in der Tschechoslowakei - ein immenses Lebenswerk. Dieses wird nun in einer großen Retrospektive im Museum moderner Kunst in Wien (MUMOK) präsentiert.

Moresea-Schriftzug

MUMOK WIEN

Mittagsjournal, 23.11.2016

Anna Soucek

Der analytische Beobachter

Julius Koller spielte eine Bandbreite künstlerischer Methoden durch: Er machte Performances und malte, er fotografierte und zeichnete - und all seinen künstlerischen Tätigkeiten lag eine aufmerksame und analytische Beobachtung gesellschaftlicher Entwicklungen zugrunde. Dies veranschaulicht sein ausuferndes Archiv, das nun auszugsweise auf einer Etage im Museum moderner Kunst präsentiert wird. Stapeln von Zeitschriften sind da, aber auch dicht beschriftete Kuverts, in denen Koller seine Notizen aufbewahrte.

Der Hauptteil der Ausstellung "Julius Koller - One Man Anti-Show", eine Etage darunter, wurde vom Architekten Hermann Czech als schlichte Stadtlandschaft gestaltet - zu sehen ist ein Konvolut an Kunstwerken, die Julius Kollers Zugang zur Welt und zur Kunst offenbaren. Von frühen Arbeiten, etwa Textilien, die Koller mit dem Wort "obraz" (Bild) beschriftete und somit zum Bild machte. Oder die Selbstchronologie, in der er ab 1963 seine Aktivitäten festhielt und sich selbst mit verschiedenen Utensilien porträtierte. Ein immer wiederkehrendes Symbol ist das Fragezeichen.

Ästhetische Präzision

"Es ist immer ein leichter, linkischer Amateurhafter Duktus drinnen. Aber jetzt sehen wir, mit welcher ästhetischen Präzision das gemacht ist", sagt Georg Schöllhammer. Gemeinsam mit Katrin Rohmberg hat er die Ausstellung kuratiert. "Man kann durch diese Ausstellung ohne den Julius Koller als großen Gesellschaftstheoretiker gehen, und man wird einen ganz großen formalistischen Künstler auch sehen können."

"Einer der Qualitäten ist, dass man eigentlich keine kunsthistorischen Kenntnisse haben muss, um in Kollers Werk eintreten zu können", meint Katrin Rhomberg über das Werk des 1939 in Piestany in der westlichen Slowakei geborenen Künstlers. Julius Kollers offene, gesellschafts- und medienkritische Haltung entsprach freilich nicht der offiziellen Staatskunst der Tschechoslowakei. Insofern hatten avantgardistische Künstler wie Koller auch kaum Publikum.

Einsicht mithilfe der Kunst

Gegenüber Institutionen, also etwa Kunstakademien oder Museen, war Julius Koller sehr kritisch - er habe sich distanziert und zugleich doch versucht, die Institutionen herauszufordern, sagt Georg Schöllhammer, "aber nicht durch eine Gegenhaltung, sondern indem er versucht hat, die institutionellen Positionen so zu denken, dass man sie wieder frei machen kann. Das ist ein ganz wichtiges Moment für die Gegenwart".

Wir könnten eine Institution anders denken - mithilfe der Kunst, so die Einstellung des Künstlers Julius Koller. Dazu fordert die Ausstellung "One Man Anti Show" die Besucher und Besucherinnen auf - und sie ist darüber hinaus eine sehr lebhafte und unterhaltsame Einführung in das zeitlose Universum des Julius Koller.

Service

mumok - Julius Koller. One Man Anti Show. 25. November 2016 bis 17. April 2017