PARK CIRCUS
Neu im Kino
Neo-Western "Hell or High Water"
Die englische Redewendung "Hell or High Water" bedeutet ungefähr "komme, was wolle". Ein Motto, mit dem im Film "Hell or High Water" auch zwei Brüder in Texas als Serien-Bankräuber ans Werk gehen. Der britische Regisseur David Mackenzie hat hier einen modernen Western gedreht, der heuer vierfach Oscar-nominiert war, unter anderem in der Kategorie "Bester Film".
16. Juni 2017, 02:00
Morgenjournal, 16.5.2017
In West Texas gehen die Uhren etwas anders, man könnte sagen, hinten nach. Da kann es schon einmal vorkommen, dass die Überwachungskamera in einer Bankfiliale außer Betrieb ist. Den Brüdern Tanner und Toby Howard ist das nur recht. Damit die schuldenbelastete Familienranch nicht an die Texas Midland Bank fällt, damit also Toby seine Söhne versorgen kann, rauben die Brüder Filialen der, richtig erraten, Texas Midland Bank aus. Dafür finden sie durchaus Verständnis in der Gegend, denn die Bank hat versucht, die Familie über den Tisch zu ziehen.
Wacher Hausverstand
Schlechtes tun, aber aus guten Gründen, macht das Schlechte nicht unbedingt gut, aber vielleicht ein wenig besser. Das kann der Texas Ranger Marcus Hamilton natürlich nicht so sehen. Jeff Bridges spielt den Mann mit dem wachen Hausverstand und der lakonischen Abgebrühtheit. Gut und Böse wären hier eine recht ambivalente Angelegenheit, meint Bridges.
PARK CIRCUS
Mentalitätsforschung
In einem Landstrich, der einen geradezu anfaucht, dass sich das Internet-Zeitalter brausen gehen kann, betreibt Regisseur David Mackenzie Mentalitätsforschung. Hier kommt man SUV-Fahrern besser nicht mit Ökologie, politische Korrektheit wird im gelassen-humorigen Umgang schlicht der Lächerlichkeit preisgegeben. Polizist Hamilton verpasst seinem mexikanisch-indianischen Partner mit ironischer Liebenswürdigkeit täglich seine Portion Verbal-Rassismus, der ist aber auch nicht auf den Mund gefallen.
Film über Gerechtigkeit
Zur zelebrierten Knorrigkeit findet Regisseur Mackenzie die passenden Bilder: Landschaftspanoramen, die nach Kino geradezu schreien, - die Windräder bitte nicht vergessen - staubige Straßen, desolate Muscle-Cars, und ohne Cowboy-Hut geht hier sowieso niemand auf die Straße. Gedreht wurde ausschließlich an Originalschauplätzen. "Hell or High Water" ist letztlich ein Film über Gerechtigkeit, darüber, dass sich manche mehr nehmen, als ihnen zusteht, andere dafür bezahlen, das aber nicht länger hinnehmen. Wer will, kann darin auch eine Gebrauchsanweisung für den politischen Wandel in den USA sehen.
Gestaltung
- Arnold Schnötzinger