Gerhard Roth: Venedig-Roman zum 75er

9. Februar 2022, 10:07

Die ganze Welt in einer Nussschale

Keine Rede von Ruhestand. Wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag sitzt Gerhard Roth an den letzten Korrekturen zu seinem jüngsten Roman. "Die Irrfahrt des Michael Aldrian" ist der Auftakt zu einer Venedig-Trilogie. Venedig - das sei für ihn die ganze Welt in einer Nussschale, meint Gerhard Roth. "Wenn man die düsteren der Stadt und die wunderbaren Seiten der Stadt sieht, erkennt man: das ist der Mensch."

Wahn und Gedächtnis

Einmal mehr sind es die großen Themen des Gerhard Roth die in der "Irrfahrt des Michael Aldrian" zur Sprache kommen: Wahn und Gedächtnis, Verbrechen und Verschweigen, Täter und Opfer, Gewalt und Tod. "Mit dem bin ich offenbar siamesisch-zwillingshaft verbunden." Über dreißig Jahre Arbeit an diesen Themen, dreißig Jahre Arbeit an seinen beiden großen Romanzyklen hätten ihn mitgenommen, sagt Gerhard Roth, auch gesundheitlich.

Eine Katastrophenzeit

Gerhard Roth erinnert sich an die Anfänge des großen Romanwerks, die 80er Jahre, als er sich auch immer wieder in Essays und Interviews kritisch zur politischen Situation in Österreich zu Wort gemeldet und damit heftige Debatten ausgelöst hatte. "Eine Katastrophenzeit", sagt er heute. "Die Äußerungen der Presse waren im sozusagen im Klagebereich. Das hat mir sehr zugesetzt."

Blick zurück ohne Zorn

Von einem Blick zurück im Zorn will Gerhard Roth aber nicht reden: "Ein Mensch, der 75 Jahre auf der Erde ist und noch hört und sieht und fühlt und an Neuem interessiert ist, hat Wichtigeres zu tun, als im Zorn zurückzublicken. Ich bin mir schon vorgekommen wie ein Autofahrer, der das ganze Leben nur in den Rückspiegel schaut. Ich schaue nur mehr nach vorn." - Pläne gibt es jedenfalls genug: Nach der Venedig-Trilogie will Gerhard Roth ein weiteres Romanprojekt über einen Imker in Angriff nehmen und damit wieder in die Südsteiermark zurückkehren.