Affe auf einem Steinbock

APA/TIERGARTEN SCHÖNBRUNN/DANIEL ZUPANC

Radiokolleg

Faszinierende Symbiosen in der Natur

Über Jahrmillionen haben unterschiedlichste Arten Formen des Zusammenlebens gefunden, die beiden Beteiligten im Hier und Jetzt gleichermaßen nutzen: Die Symbiose ist ein faszinierendes und vielfältiges Naturphänomen.

Darwins Vorhersage

Der Naturforscher Charles Darwin bekam eines Tages im Jahr 1862 ein Paket aus Madagaskar. Als er es aufmachte, war er erstaunt, denn eine derartig bizarre Orchidee hatte er in England noch nie gesehen. Die Blüten waren weiß und hatten die Form eines Sterns. Aber was das Interessante war: Die Orchidee hatte einen ungewöhnlich langen Sporn, eine dünne Röhre, an deren Ende der Nektar abgesondert wurde. Der Sporn war unglaubliche 45 Zentimeter lang. Doch wer kann so eine Pflanze bestäuben?

Für den Naturforscher war sofort klar, dass es für den "Stern von Madagaskar" einen entsprechenden Schmetterling mit einem derart langen Rüssel geben muss. Doch finden konnte ihn niemand.

Erst vier Jahrzehnte später, im Jahr 1903, wurde tatsächlich ein Schwärmer mit einem so langen Rüssel gefunden, und wegen der Vorhersage von Charles Darwin erhielt er den Namen Xanthopan morganii praedicta, praedicta heißt auf Lateinisch "vorhergesagt". Bis der unmittelbare Beweis mit einem Foto erbracht wurde, dass der Schwärmer bis zum Nektar vordringen und die Orchidee bestäuben kann, dauerte es noch bis zum Jahr 1997. Das ist vermutlich das berühmteste Beispiel der gegenseitigen Anpassung von zwei völlig unterschiedlichen Organismen - einer hochgradig spezialisierten Symbiose.

Pflanze und Tier - Tier und Tier

Wirklich gute Symbiosen zahlen sich für beide Arten über Jahrmillionen aus, beide haben einen unmittelbaren Nutzen von der Zusammenarbeit. Symbiosen können aber auch lockerere Verbindungen sein und müssen nicht exklusiv auf einen Partner ausgerichtet sein. Symbiosen kommen überall in der Natur vor, und es sind bei Weitem noch nicht alle bekannt. Vor einigen Jahren erst fanden Forscher in Südafrika eine Pflanzenart, die von der kleinen Elefantenspitzmaus bestäubt wird. Die Blüten entspringen am Boden, damit die Maus bequem herankommt, und sie sind weit stabiler gebaut, als würde ein flatternder Schmetterling andocken. Symbiosen funktionieren zwischen Pflanze und Tier, aber auch zwischen Tier und Tier.

Dream Teams

Faszinierend ist das "Dream Team" Nilkrokodil/Wellentriel, eine kleine Vogelart in Afrika. Das Verrückte ist, dass der Vogel und das Krokodil friedlich nebeneinander im Sand brüten, obwohl der Vogel für das Krokodil eigentlich ein kleiner Leckerbissen sein könnte. Doch das Krokodil verschont den Vogel, weil er ihm nützlich ist. Wenn das Krokodil jagen geht, passt er auf die Krokodileier auf und stößt einen Warnpfiff aus, sobald sich ein Raubtier dem Nest nähert. Im Gegenzug schnappt das Krokodil zu, wenn sich jemand an das Vogelnest wagt.

Mein persönliches "Dream Team" ist die Symbiose zwischen einer Kannenpflanze und einer Ameise. Die Kannenpflanze ist eine fleischfressende Pflanze. Allerlei Insekten rutschen am glatten Kannenrand aus und stürzen in die mit Verdauungsflüssigkeit gefüllte Fallgrube. Eine tropische Ameisenart hat sich nun darauf spezialisiert, im Verdauungssaft an der Beute der Kannenpflanze zu knabbern. Dafür war eine extreme Anpassung nötig: Diese Ameisenart ist die einzige, die schwimmen und tauchen kann. Und sie rutscht am Rand nicht ab. Doch was hat die Kannenpflanze davon? Die Ameise verjagt die Feinde der Kannenpflanze, und sie macht die Beute durch die Zerkleinerung leichter verdaulich. Und das Beste an der Ameisenart ist: Sie trägt den Namen Camponotus schmitzi.

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