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Christoph Waltz im Tulpenfieber
Der britische Stardramatiker Tom Stoppard als Drehbuchautor, die Oscar-Preisträger Christoph Waltz und Alicia Vikander in den Hauptrollen und eine Geschichte, die das Potenzial zur Zeitgeist-Parabel hat. Der heute anlaufende Film "Tulpenfieber" des Regisseurs Justin Chadwick hat, zumindest der Papierform nach, beste Voraussetzungen für eine überzeugendes Kinoereignis.
24. September 2017, 02:00
Dreimal schon sollte der Film in die Kinos kommen, dreimal wurde er kurz vor dem Start wieder zurückgezogen. Eine Tatsache, die üblicherweise nichts Gutes verheißt. Heute aber ist es soweit und das historische Drama flimmert auch bei uns über die große Leinwand.
Morgenjournal, 24.8.2017
Waltz wartet
Fünf Jahre ist es nun schon her, dass Regisseur Quentin Tarantino den österreichischen Schauspieler Christoph Waltz zum Funkeln brachte. Dr. King Schultz hieß sein Charakter im preisgekrönten Neo-Western. Für Waltz folgten Zusammenarbeiten mit namhaften Regiegrößen wie Sam Mendes, Terry Gilliam oder Tim Burton. Doch außerhalb des Tarantino-Kosmos tut sich Waltz tendenziell schwer.
Nun kommt mit "Tulpenfieber" ein neuer Anlauf des zweifachen Oscar-Gewinners. Allerdings war auch "Tulpenfieber" alles andere als eine leichte Geburt. Dreimal schon sollte der Film in die Kinos kommen, dreimal wurde er kurz vor dem Start wieder zurückgezogen. Traditionell kein gutes Zeichen - und die Befürchtungen bewahren sich leider.
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Die Suche nach dem Thriller
Amsterdam im beginnenden 17. Jahrhundert: Regisseur Justin Chadwick zeichnet eine Stadt voller dampfender Straßen, rasender Fischhändler und überhitzter Auktionshäuser im Rausch des Tulpenhandels. Doch statt impressionistischem Film-Gemälde mit gesellschaftskritischem Subtext, liefert leider nur cineastisches Malen nach Zahlen. Er preist zwar die akute Relevanz des Stoffes, verweist aber vor allem auf den Thriller hinter der historischen Kulisse.
"Der Stoff fühlte sich total modern an und ich konnte ihm so begegnen, dass die Thematik höchst relevant bleibt", meint Chadwick im Interview. "Stimmt schon, die Geschichte ist eigentlich ein historisches Drama, doch in Wahrheit ist es ein Thriller." Chadwick sind also die emotionalen Kursschwankungen seiner Protagonisten wichtiger als vordergründige Kapitalismus-Kritik. Ein nobler Anspruch, dem "Tulpenfieber" jedoch nie gerecht wird. Den Thriller sucht man vergebens.
Gesetzestreues Malen nach Zahlen
Das Waisenmädchen Sophia wird mit dem zwar alten, aber reichen Kaufmann Cornelis Sandvoort verheiratet. Ihm soll sie dienen, einen Erben schenken und für nächtliche Freuden sorgen. Doch das gemeinsame Projekt Stammhalter will und will nicht gelingen. Es kommt wie es die Gesetze Hollywoods vorgeben, denn als Sophie im armen aber natürlich hochanständigen Porträtmaler Jan ihre wahre Liebe findet, sind die Eckpfeiler des Films auch schon eingeschlagen. Alter Gönner gegen jungen Idealisten, das Kapital der Liebe gegen die Schimäre des hysterischen Tulpenhandels.
Dass der dem Film zugrunde liegende Roman der Britin Deborah Moggach durch interessante erzählerische Haken glänzt, merkt man "Tulpenfieber" nicht an. Die Filmadaption schleppt sich über langatmige 105 Minuten. "Tulpenfieber" wirkt wohl auch deshalb so träge, weil der Film Geschichte einer verbotenen Liebe und Sozialstudie und gleichzeitig sein will - dabei aber über den Überraschungsgrad einer TV-Soap nicht hinauskommt.
Keine edle Film-Orchidee
Regisseur Chadwick setzt zudem auf beklemmend wenige Handlungsorte. Dass der Film zudem in einem Farbenbrei aus Braunschattierungen zu ertrinken droht, lässt zündende erzählerische oder optische Akzente nur noch mehr vermissen. Je länger der Film dauert, desto eindeutiger zeigt die Fieberkurve nach unten. "Das Kino sollte ein intensives, mitreißendes Erlebnis sein", meint Regisseur Chadwick.
Für ihn ist "Tulpenfieber": "ein wilder emotionaler und visueller Ritt." Doch auch wenn Chadwick für ein unmittelbares Kino-Erlebnis und die emotionale Achterbahnfahrt seines Filmes wirbt, ist "Tulpenfieber" weder edle Film-Orchidee noch üppig-unterhaltsames Bouquet. Von Fieber also keine Spur - die Temperatur dieser Geschichte bleibt leider höchstens lauwarm.
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Mehr dazu in: ORF.at - "Tulpenfieber": Hysterie um eine Blume