Netzwerkkabel

APA/DPA/ FELIX KÄSTLE

Werden Wahlen im Netz entschieden?

Dark Posts, Big Data, und Cyberattacken

Früher war alles noch überschaubar: Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß sitzt im Kreise seiner Familie im Wohnzimmer – ein Wahlspot der CSU, der im Jahr 1980 im deutschen Fernsehen lief. Heute betreiben politische Parteien ihren Wahlkampf verstärkt in den Sozialen Medien.

Und da kann es vorkommen, dass Mutter, Vater und Kinder, die gemeinsam im Wohnzimmer sitzen, nicht den gleichen Werbe-Spot einer politischen Partei auf Facebook zu sehen bekommen. Sondern Werbung, die maßgeschneidert und exklusiv lediglich an bestimmte Nutzergruppen zugespielt wird.

Für jede/n die passende Wahlwerbung

Facebook bietet an, Botschaften nur ausgewählten Gruppen anzuzeigen. Das problematische beziehungsweise zwielichtige an diesem Werkzeug: es sind Botschaften und Anzeigen, die nicht für die gesamte Öffentlichkeit beziehungsweise gemacht werden, sondern nur für einen Teil und eben nicht für alle auf der Facebookseite der Partei zu sehen sind. "Dark Ads" oder "Dark Posts" so bezeichnet man diese Sonderform von Microtargeting. Für den Hamburger Blogger, Politik- und Digitalberater Martin Fuchs ist das gesellschaftszersetzend. Der Wahlkampf werde intransparent und verlagere sich aus der Öffentlichkeit hinein in geschlossene Systeme.

#PolitikAds

Martin Fuchs möchte mehr Transparenz schaffen und hat deswegen die Aktion PolitikAds gestartet – und Nutzerinnen und Nutzer dazu aufgerufen, unter dem Hashtag zu dokumentieren, welche Werbung ihnen in sozialen Medien angezeigt wird, um so Dark Ads öffentlich zu machen.

Auch im österreichischen Wahlkampf werden Dark Ads eingesetzt und zwar von NEOS, FPÖ und ÖVP, Grüne und SPÖ verneinen den Einsatz dieser speziellen Werbeform im Netz, wie ein Rundruf der APA gezeigt hat.

Wie hackt man eine Wahl?

Spekuliert wird aktuell auch über Cyberangriffe und das Hacken von Wahlen. Das Spektrum an Strategien ist groß, sagt Sicherheitsexperte Timo Kob, er berät unter anderem die deutsche Bundesregierung und das Österreichische Bundeskanzleramt. Es reicht von Datendiebstahl um mit brisanten Insider-Informationen Stimmung zu machen oder gezielte Manipulation durch Falschmeldungen. So geschehen im US Wahlkampf und bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich.

Wahlumfragen und Prognosen – ein Auslaufmodell?

Es scheint grad auch keine leichte Zeit für Meinungsforscher. Regelmäßig lagen Umfrageinstitute mit ihren Aussagen über bevorstehende Wahlen zuletzt daneben: die US Wahl, Brexit, die Parlamentswahlen in Großbritannien. Ist das einfach Pech oder liegt es an fehlerhaften Systemen, die man verbessern könnte?

In den vergangenen Monaten haben sich in Deutschland Neulinge aus Wissenschaft und der Start- Up Szene daran gemacht bessere Tools und Modelle zu entwickeln. Eine Initiative ist Signal& Rauschen. Das Team aus Journalisten, Politikwissenschaftlerinnen und Datenexperten fasst Umfragen zusammenzufassen und stützt sich für Prognosen auf historischen Daten. Vor allem wollen sie erklären – was Prognosen und Umfragen leisten können und was nicht.

Service

Martin Fuchs - Politikberater, Blogger, Speaker
Timo Kob
Signal & Rauschen