AP/MAMI NAGAOKI
Microtargeting
Werbe-Attacken im Netz sichtbar machen
Wie werben Parteien in den sozialen Netzwerken? Darüber wissen wir wenig, außer es kommt zu einem Skandal wie der Dirty-Campaigning-Affäre rund um die Anti-Sebastian-Kurz-Facebook-Seiten. Eine Software namens "Who Targets Me" macht nun sichtbar, wie Parteien sich Zielgruppen auf Facebook zunutze machen. Da gibt es unterschiedliche Botschaften für unterschiedliche Wähler.
10. November 2017, 02:00
Mit jedem Click auf ein "Gefällt mir" wird jeder Facebook-Nutzer zum Produkt. Die Daten werden gespeichert und Nutzer werden in Werbegruppen aufgeteilt. Das machen sich auch Parteien im Wahlkampf zunutze, indem in diesen Gruppen gezielt Werbung ausgespielt wird. Microtargeting heißt das in der Fachsprache. Wie groß die Wirkung ist, hat man im US-Wahlkampf gesehen. Im österreichischen Wahlkampf zeigt sich, Parteien fischen auch gerne bei den Gegnern. Die FPÖ wirbt etwa bei Sebastian-Kurz-Fans, erklärt Philip Pramer von der Faktencheck-Plattform "Fakt ist Fakt": "Auffällig ist, dass es immer Videos sind, wo erwähnt wird, dass Sebastian Kurz ein Spätzünder ist." Hier gehe es darum, den Gegner schlecht zu machen.
"Who targets me?"
Das hat eine Software namens "Who Targets Me" sichtbar gemacht. Etwa 950 Personen haben sie in Österreich auf ihren Endgeräten installiert. Das Programm ermöglicht dem Internet-Browser herauszulesen, warum man Werbeanzeigen zu sehen bekommt und nach welchen Kriterien man ausgewählt wurde. Entwickelt wurde die Software für die Wahl in Großbritannien. Sie wurde auch schon im deutschen Wahlkampf eingesetzt. Ebenfalls auffällig sei, dass die Liste Pilz stark die Fans von Heinz-Christian Strache anpeilt, und nicht im Wählerpool der Grünen fischen will, so Pramer. In den Postings gehe es um das Thema Islam und Kontrolle durch die Opposition.
NEOS fischen bei Grün-Wählern
Die SPÖ spreche mit ihren Wahlpostings eher nur die eigenen Leute an, also Personen, die sich schon für SPÖ-Inhalte interessieren. Auch die ÖVP richtet sich an ihre Fans, so Pramer. Mit Ausnahme von Innenminister Wolfgang Sobotka, der auch mit dem Thema Sicherheit bei FPÖ-Fans punkten will.
Die Grünen gehen nicht nach Wählergruppen, sondern nach Themen vor. Sie suchen sich auf Facebook Personen, die sich etwa für die Themen Veganismus, Bildung oder Feminismus interessieren. Die NEOS schielen mit ihren Postings auch auf die Grünen. Pramer gibt ein Beispiel: "Die NEOS haben einen ZIB2 Faktencheck zu Norbert Hofers Todesstrafen-Aussage auf Grün-Wähler ausspielen lassen."
Mehr Transparenz
Wie viel Geld jeweils dahintersteckt, wissen nur die Parteien. Während Parteiwerbung in Zeitungen öffentlich sichtbar ist und dokumentiert wird, wie viel für Inserate ausgegeben wird, fehle auf Social Media die Transparenz, kritisiert Pramer. Wähler und Wählerinnen sollten aber wissen, wie Parteien Geld für Wahlwerbung ausgeben. Unterschiedliche Facebook-Zielgruppen haben natürlich auch einen unterschiedlichen Preis, aber wer wem wieviel wert ist, wissen wir nicht.