Agneta Eichenholz

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Von Friedrich Cerha vollendet

"Lulu" aus der Wiener Staatsoper

Alban Bergs Oper in der Inszenierung von Willy Decker aus dem Jahre 2000 wird wieder aufgenommen - allerdings mit dem von Friedrich Cerha komplettierten dritten Akt. Mit Agneta Eichenholz, Angela Denoke, Bo Skovhus u.a. dirigiert von Ingo Metzmacher.

Morgenjournal | 02 12 2017

"Wer sich für Alban Bergs Meisterwerk interessiert, dürfte es derzeit nicht besser erleben können"

Gernot Zimmermann

Alban Bergs Oper "Lulu" wird unter den Premieren der heurigen Spielzeit der Wiener Staatsoper aufgelistet, im Grunde handelt es sich dabei aber um eine "Teilpremiere" oder "Teil-Wiederaufnahme", denn es kehrt die wirkungsstarke Inszenierung des Werkes durch den Regisseur Willy Decker, die im Jahr 2000 erstmals über die Bühne gegangen ist und bis 2005 21 Mal gespielt worden ist, ins Repertoire zurück - allerdings jetzt mit dem von Friedrich Cerha komplettierten dritten Akt. Bisher hat man die Oper um Lulu, die "Urgestalt des Weibes", geschaffen, "um Unheil anzustiften", nur in der fragmentarischen zweiaktigen Fassung in dieser Produktion in Wien präsentiert.

Nach Frank Wedekinds Tragödien

Komponist Alban Berg hat im Mai 1905 in Wien das von der Zensurbehörde verbotene Theaterstück "Die Büchse der Pandora" von Frank Wedekind in einer von Karl Kraus veranstalteten, geschlossenen "Privataufführung" kennengelernt; bereits zuvor war er auch mit Frank Wedekinds "Erdgeist", einem weiteren Lulu-Stück des Dramatikers, in Kontakt gekommen.

Aus diesen beiden Tragödien hat Alban Berg selbst den Text zu seiner Oper geformt und dabei wörtlich Wedekind-Texte übernommen. Ab 1928 hat Berg mit Unterbrechungen an der Vertonung der "Lulu" gearbeitet. Als er jedoch 1935 nur 50-jährig an den Folgen einer Blutvergiftung verstarb, lagen von der Oper die ersten beiden Akte vollständig vor. Vom dritten Akt, dessen Particell 1326 Takte umfasst, waren dagegen nur die ersten 268 Takte sowie der Aktschluss instrumentiert, außerdem hatte der Komponist für sein Bühnenwerk auch eine "Lulu"-Symphonie hergestellt, die 1934 in Berlin zur viel diskutierten Erstaufführung gekommen war.

"Auch als Torso aufführbar"

Alban Bergs Witwe Helene hatte bei Kollegen ihres Mannes - bei Arnold Schönberg, Anton von Webern und Alexander von Zemlinsky - um eine Vollendung des Werks angefragt, alle hatten jedoch abgesagt. Und so ist es letztendlich zur Uraufführung der fragmentarischen Oper gekommen: Auf die ersten beiden Akte hat man eine Pantomime nach den "Sinfonischen Stücken" folgen lassen und sodann die fertige Schlussszene.

Die Uraufführung in dieser Form - 1937 in Zürich - war ein großer Erfolg, und Helene Berg war danach der Überzeugung, dass die Oper auch als unvollständiger Torso aufführbar sei. Infolgedessen hat sie, und dies sogar testamentarisch, alle weiteren Versuche untersagt, die Oper von dritter Hand vollenden zu lassen.

Friedrich Cerha hatte jedoch bereits in den 1960er Jahren Einsicht in die Quellen der Oper bekommen und ohne das Wissen der Komponisten-Witwe, aber mit Unterstützung der Universal Edition an einer Instrumentierung des dritten Akts gearbeitet. Allerdings gelang es erst nach Helene Bergs Tod 1976, die juristischen Hürden zu überwinden und diese "Vervollständigung" auf die Bühne zu bringen.

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Wiener Staatsoper - Lulu