SAMMLUNG JMW/SCHENKUNG FAMILIE KLAGSBRUNN
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Die bewegende Geschichte des Kurt Klagsbrunn
Kurt Klagsbrunn musste Österreich 1938 verlassen. Der 20-Jährige flüchtete mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten von Wien-Floridsdorf über Lissabon nach Brasilien. In Rio de Janeiro war die jüdische Familie gezwungen, nach neuen Wegen zu suchen, um ihre Existenz zu sichern. Kurt Klagsbrunn, der in Wien ein paar Semester Medizin studiert hatte, machte im Exil seine Leidenschaft - das Fotografieren - zum Beruf. Er gilt als einer der wichtigsten brasilianischen Gesellschaftsfotografen der 1940er bis 1960er Jahre. Heuer wäre der Fotograf 100 Jahre alt geworden.
24. März 2018, 02:00
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Ein Wiener Exilant kehrt zurück 22 02 2018 | 19:05 Uhr
In den Bergen nördlich von Rio de Janeiro nahe der Stadt Petrópolis, im Sommerhaus der Familie, das seit dem Tod Kurt Klagsbrunns im Jahr 2005 dessen Neffen Victor Klagsbrunn gehört, lagert der fotografische Nachlass.
VICTOR KLAGSBRUNN
Kurt Klagsbrunn
Rund 250.000 Negative und die dazugehörigen Kontaktabzüge, Kameras, Apparate zur Fotoentwicklung, Filmrollen, ganze Stöße der Magazine "Life" und "Times", für die Kurt Klagsbrunn Auftragsfotografien lieferte. Victor Klagsbrunn wusste bis vor wenigen Jahren kaum etwas über die Wiener Zeit seiner Familie, erinnerte sich aber gerne an seine Wiener Oma Fritzi, die in Rio de Janeiro in der Wohnung im Stadtteil Laranjeiras Bilder von Stephansdom und Riesenrad an der Wand hängen hatte und für den Enkel duftenden Apfelstrudel buk.
Bei einer Forschungsreise der Romanistin und Ö1 Gestalterin Uli Jürgens im Mai 2017 nach Rio de Janeiro tauchten im Familienarchiv, versteckt in Schachteln und Mappen, viele weitere Objekte aus der Wiener Zeit der Familie und von der Flucht auf: Ein Skizzenbuch des 13-jährigen Kurt, sein Studentenausweis, private Fotografien vom Skiurlaub im polnischen Zakopane, von Sommern am Wörthersee, Ansichten aus Wien, Gars am Kamp oder dem Salzkammergut, Dutzende teils liebevoll-tadelnde Briefe von der Mutter an die Söhne, ein Fragebogen für Auswanderer, NS-Dokumente einer Hausdurchsuchung, die Speisekarte von der Überfahrt im Jahr 1939 nach Rio.
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Doch die Dokumente waren seit Jahrzehnten der hohen Luftfeuchtigkeit in Brasilien ausgesetzt, Schimmel konnte sich ungehindert ausbreiten. Daher wurden über 1.000 Objekte erstmals erfasst, fotografiert und gelistet, um schließlich in Österreich für diesen Teil des Nachlasses einen adäquaten (Auf-)Bewahrungsort zu suchen.
ORF/ULI JÜRGENS
Das professionelle fotografische Werk seines Onkels soll, so wünscht es sich Victor Klagsbrunn, als brasilianisches Kulturerbe in Brasilien bleiben, doch für den familiären Teil-Nachlass wurde mit dem Jüdischen Museum Wien ein Partner gefunden. Die Objekte wurden sorgsam gereinigt und restauriert, um sie schließlich dem Museumspublikum präsentieren und interessierten WissenschaftlerInnen zur Verfügung stellen zu können.
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80 Jahre, nachdem sie Österreich im Koffer des damals 20-jährigen Kurt Klagsbrunn verlassen hatten, kehrten die Fotografien, Briefe und Dokumente wieder nach Wien zurück.