Mark Zuckerberg

AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Der vorhersehbare Facebook-Skandal

Datenaffäre, fallende Aktien und Aufrufe, das Soziale Netzwerk zu boykottieren – seit zwei Wochen macht Facebook negative Schlagzeilen. Die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica soll unrechtmäßig Millionen an Facebook-Nutzerdaten über eine Spiele-App gesammelt und für gezielte Werbung im Wahlkampf von Donald Trump und vor dem Brexit-Referendum genutzt haben. Der Skandal war vorhersehbar.

"Facebook-Datenskandal - 33.000 Betroffene in Österreich" vermeldeten österreichische Medien vergangene Woche und baten Betroffene, sich für einen Beitrag bei ihnen zu melden. Dabei ist jeder von uns betroffen. Alle 3,7 Millionen Facebook-Nutzerinnen und Nutzer in Österreich betrifft diese Affäre.

Vielleicht liegen unsere Daten nicht bei Cambridge Analytica, doch bestimmt bei anderen Firmen. "Jedes Mal wenn man auf Facebook ein kleines Spiel oder Persönlichkeits-Quiz spielt und etwa klickt, ob das linke oder das rechte Kätzchen süßer ist, jedes einzelne Mal werden unsere Daten gestohlen. Der Hauptgrund dieser Spiele ist, dass andere unsere Daten wollen, warum sonst sollte jemand ein Facebook-Spiel programmieren", analysiert Jürgen Pfeffer, Professor für Computational Social Science & Big Data an der TU München.

Für Pfeffer ist die Diskussion, die wir derzeit über und mit Facebook führen zum Teil irrelevant und scheinheilig, denn Facebook würde genau wissen, welche Unternehmen und Apps welche Nutzerdaten abgegriffen haben.

"Facebook sammelt viel mehr und viel genauere Daten als Cambridge Analytica. Wir müssen uns auch fragen, ob es nicht viel problematischer ist, was Facebook und Google mit unseren Daten machen."

Facebook und die irische Datenschutzbehörde wussten seit 2011, dass im Fall Cambridge Analytica Daten veruntreut werden, das dokumentierte der Datenschützer und Jurist Max Schrems in seiner ersten Beschwerde. Für Facebook war die Datenweitergabe damals aber legal, wir Nutzer hätten via Datenschutzrichtlinie der Weitergabe zugestimmt, argumentierte das Unternehmen.

Insgesamt 23 Anzeigen gegen Facebook bei der irischen Datenschutzbehörde, eine Klage vor dem Wiener Landesgericht und eine Beschwerde wegen der Weitergabe von Nutzerdaten an den US-amerikanischen Geheimdienst NSA, die in Folge zum Kippen des Safe Harbor-Abkommens geführt hat. Trotz zahlreicher Hinweise auf groben Datenmissbrauch in den letzten Jahren, gelingt es Facebook die Aufregung um Cambridge Analytica als Einzelfall darzustellen. Mit der Unterstützung vieler Medien, die mit Schlagzeilen wie "Datendiebstahl" die Opferrolle von Facebook mitzeichnen.

Immerhin, endlich findet eine Debatte darüber statt, was Unternehmen mit unseren Daten alles machen können. Die breite Bevölkerung verstehe aber noch immer zu wenig davon, kritisiert Jürgen Pfeffer: "Die Annahme, dass wir nichts zu verbergen haben und uninteressant für die Datensammler sind, ändert sich nur langsam. Vielleicht ist der Datenskandal hilfreich, um zu zeigen, dass die Akteure, die hier agieren, nicht harmlos sind und dass sie versuchen unsere Meinungen zu manipulieren."

"Die Diskussion um mündige Verbraucher ist neoliberaler Quatsch. Nutzer haben keine Ahnung was online passiert und keine Möglichkeiten einzuschreiten."

Die allgemeine Aufregung um den Facebook-Skandal vermischt drei Themen, die einzeln diskutiert werden müssen: Erstens Datenschutz und intransparente Datenweitergabe im Netz. Zweitens Microtargeting, also Werbung, die maßgeschneidert und exklusiv lediglich an bestimmte Nutzergruppen ausgespielt wird. Und drittens die Markt- und Datenmacht der US-Technikkonzerne.

"Facebook kann noch so oft vor den Senat zitiert werden, die Nutzer werden bleiben, weil es keine Alternative gibt", glaubt der Datenschützer Max Schrems und hofft auf die Datenschutzgrundverordnung, die am 25. Mai in Kraft tritt. Würde ein Fall wie Cambridge Analytica nach 25. Mai passieren, würde Facebook eine Strafe von bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar drohen, rechnet Max Schrems vor. Der von Max Schrems gegründete europäische Verein NOYB will künftig Verstöße aufdecken und so das Datenschutzrecht besser durchsetzen.

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