ORF/JOSEPH SCHIMMER
Buchbranche unter Druck
Wenig zu feiern am Welttag des Buches
Heute ist der Welttag des Buches. Doch viel zu feiern hat die Buchbranche gerade nicht: Verleger und Buchhändler im deutschsprachigen Raum sind vielmehr aufgeschreckt durch eine Studie, die wenig Gutes verheißt.
24. Mai 2018, 02:00
Morgenjournal | 23 04 2018
Kulturjournal | Sergio Ramirez erhält Cervantes-Preis
Die Buchbranche ist unter Druck. Die Zahl der Buchhandlungen nimmt stetig ab. Für die Verlage wird es immer schwieriger, Bücher zu verkaufen. Kein Wunder, dass die Nervosität unter Buchhändlern und Verlegern angewachsen ist. Doch lange war es ein eher diffuses Unwohlsein, das sich in Buchhandlungen und Verlagen breit gemacht hat. Erst seit einigen Wochen lassen sich die ungute Ahnungen auch belegen.
Am Welttag des Buches (23. April) wird in Alcala de Henares, der Geburtsstadt von Miguel de Cervantes, die wichtigste literarische Auszeichnung der spanischsprachigen Welt verliehen: der Cervantes-Preis. Heuer ging der mit 125.000 Euro dotierte Preis an den nicaraguanischen Schriftsteller, Menschenrechtler und Ex-Politiker Sergio Ramirez. Nach der sandinistischen Revolution war er Mitglied der Regierungsjunta und von 1984 bis 1990 Vizepräsident von Nicaragua. Seine mehr als 50 Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Rückgang um 6,4 Millionen
Die Zahl der Buchkäufer in Deutschland ist laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung von 2012 bis 2016 um 6,1 Millionen zurückgegangen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der die Untersuchung in Auftrag gegeben hat, liefert nun zudem aktuelle Belege dafür, dass sich der Trend unvermindert fortsetzt, ja sogar weiter verstärkt.
Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis rechnet vor: "Die neuen Zahlen besagen, dass 2013 36 Millionen Menschen in der Bundesrepublik Bücher gekauft haben. Und 2017 sind es 29,6 Millionen. Das heißt, das ist ein Rückgang um 6,4 Millionen." Der Anteil derjenigen, die Bücher gekauft haben, ist damit in dem Zeitraum um fast zehn Prozent - von 53,3 Prozent auf 43,7 Prozent - gesunken. Die Studie untersucht zwar nur den deutschen Buchmarkt, aber die Situation in Österreich und in der Schweiz, so vermuten Branchenkenner dort, ist ganz ähnlich.
Smartphone verdrängt Buch
Dass der Umsatz der Buchbranche über all die Jahre relativ konstant geblieben ist, verdankt sich lediglich den verbliebenen Käufern. Diese sind meist älter und haben mehr und insgesamt teurere Titel gekauft. Erleichtert kann deshalb niemand sein. Denn es sind vor allem die jungen und mittleren Altersgruppen, die sich zunehmend weniger für Bücher interessieren.
Die Ursachen für den Rückgang lassen sich im Alltag beobachten. Das Smartphone ist überall präsent, das Buch hingegen immer weniger. Die Mehrzahl spricht über Filmserien, die bei Netfix abgerufen werden, und kaum über neue Romane.
Doris Janhsen, die den großen Münchner Verlag Droemer Knaur leitet, sagt: "Es ist einfach so, dass sich das Medienverhalten der Menschen und auch die Alltagskommunikation geändert hat. Das Zeitbudget ist reduziert durch das dauernde Online-Sein. Und zum anderen ist es so, dass Netflix & Co. ein alternatives Medienangebot geschaffen haben und dass im Moment durch diese Erzählformen ein sexy Format entstanden ist, dass im Moment höhere gesellschaftliche Akzeptanz hat."
Der Wind könnte drehen
"Im Moment" - das betont die Verlegerin. Und darauf, dass sich der Wind dreht, setzen auch andere. Die vom Börsenverein initiierte Untersuchung hat nämlich auch deutlich gemacht, dass die Menschen Bücher durchaus weiterhin schätzen. Manche sprachen gar vom "Balsam für die gestresste Seele". Der deutsche Branchenverband will genau da ansetzen. Noch einmal Alexander Skipis: "Wir möchten verdeutlichen, dass das Buch nicht nur eine zuverlässige Quelle der Information ist, sondern auch ein Ruhepol im hektischen Leben. Ich glaube, dass wir damit viele Leser zurückgewinnen können und viele halten können."