Außenansicht Landesmuseum, Burgenland

KBB WEISS

1921

Landesmuseum, Burgenland

Als das Burgenland 1921 als eigenes Bundesland zu Österreich kam, verblieben die kulturellen Organisationen der Region und damit auch deren Sammlungen in Sopron. Es galt also, eine neue Sammlung für das neue Burgenland aufzubauen und damit den Grundstock für ein eigenes Landesmuseum anzulegen.

Kulturelles Gedächtnis des jüngsten Bundeslandes

Anna Soucek

"Sie müssen sich vorstellen: Als das Burgenland 1921 gegründet worden ist, hat es kaum museale Einrichtungen gehabt, nur im privaten Bereich", erklärt Gert Polster, Historiker und Direktor des Landesmuseum Burgenland, "die großen staatlichen Sammlungen sind alle bei Ungarn verblieben. Im Burgenland selbst hat es einige Großgrundbesitzer gegeben, die Sammlung angelegt haben – die bei weitem größte war jene von Sandor Wolf hier in Eisenstadt".

Den Grundstock dieses Museums des neuen österreichischen Bundeslandes bildete die Sammlung von Sandor Wolf, der einer alteingesessenen jüdischen Familie in Eisenstadt entstammte. Dieser habe seine Sammelleidenschaft auf dem Flohmarkt entdeckt, erzählt Historiker Gert Polster: "Da hat er einst eine römische Münze gekauft und war so begeistert, dass er weiter sammelte. Diese Münze ist – gemeinsam mit anderen Gegenständen aus seinem Privatbesitz – hier im Sandor-Wolf-Gedenkraum im Landesmuseum ausgestellt."

  • Zubau des Landesmuseums Burgenland

    Alt und Neu nebeneinander: Das Museum ist ein Komplex mehrerer miteinander verbundener Gebäude

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Zubau des Landesmuseums Burgenland

    1976 wurde das von Gunter Wawrik und Hans Puchhammer umgebaute Museum wiedereröffnet

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Überdachter Innenhof mit einer Orgel als Ausstellungsstück

    Ein ehemaliger Hof wurde überdacht und dient heute als Aula; er ist ein Übergang zwischen mehreren Bauteilen

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Überdachter Innenhof

    Links die aus der Bergkirche von Eisenstadt stammende barocke Haydn-Orgel, unten das Entrée zur aktuellen Ausstellung

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Stiegenhaus einer Wendeltreppe

    Die Wendeltreppe aus Sichtbeton befindet sich im Neubau, wo Labors, Werkstätten und Büros untergebracht sind

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Moderne Kassettendecke

    Die Belüftungsanlage im Plafond des Ausstellungssaales wurde erst nach dem Umbau von 1976 installiert

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Römisches Mosaik

    Im Keller sind Mosaike aus der Kaiservilla in Bruckneudorf zu sehen – auch aus dem darüber liegenden Stockwerk

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Alter Kachelofen

    Ohne Sandor Wolf kein burgenländisches Landesmuseum: In einem Gedenkraum befinden sich Exponate aus seiner Privatsammlung

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Hitlerbüsten

    Vorbereitung der Sonderausstellung „Schicksalsjahr 1938 – NS-Herrschaft im Burgenland“, die bis 4. November zu sehen ist

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Adressschild "Jerusalemplatz 7"

    Der Häuserblock des Landesmuseum befindet sich im ehemaligen jüdischen Ghetto von Eisenstadt

    ORF/ANNA SOUCEK

|

Judaica, archäologische und geologische Fundstücke, sowie landeskundliche Materialien hat der jüdische Unternehmer Sandor Wolf in seinem Privatmuseum in Eisenstadt – einen Steinwurf vom Schloß Esterhazy entfernt – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Sammlung wurde 1938 von den Nationalsozialisten konfisziert und nach 1945 an die Familie zurückgegeben. Sandor Wolf starb Anfang 1946 in Haifa – kurz vor seiner geplanten Rückkehr nach Eisenstadt. Bei einer Versteigerung der Sammlung durch die Nachkommen erwarb das Landesmuseum einen Teil davon.

Das Museum ist seit 1939 in einem Häuserblock untergebracht, der ursprünglich aus mehreren Bürgerhäusern aus dem 17. und 19. Jahrhundert bestand – fast der ganze Block gehörte dem Weingroßhändler Sandor Wolf. Im ehemaligen Weinkeller ist heute die Archäologie-Dauerausstellung. Ende der 1960er Jahre wurde der Gebäudekomplex einer Generalüberholung unterzogen. Zwei baufällige Bürgerhäuser wurden abgetragen, die anderen saniert und in den Entwurf für einen neuen Zubau integriert. Die Architekten waren Hans Puchhammer und Gunther Wawrik: "Es war alles ein bissel baufällig, aber zwei der fünf Gebäude waren nicht zu retten", erinnert sich Hans Puchhammer, "Mir tut es heute noch leid um eine sehr schöne Stiege, die wir bergen wollten, aber es ging nicht. Das hat die Möglichkeit geschaffen, den typischen Burgenländischen Hof zu schaffen". Ein ehemaliger Hof wurde mit Glas überdacht und dient als Verbindung zwischen verschiedenen Bauteilen.

"Man sieht es auch heute noch in der Bausubstanz, wo das eine Haus aufhört und das andere anfängt", so Gert Polster, "die Häuser haben auch heute noch sehr schöne, klar strukturierte Innenhöfe. Man sieht die Arkaden und die Fenster, wie sie ursprünglich waren. Auch die Schmiedeeisenarbeiten sind original. Sie stammen auch aus der Sammlung von Sandor Wolf."

Die Architekten Puchhammer und Wawrik setzten unauffällige Gestaltungsmaßnahmen, die zur Harmonisierung zwischen Alt und Neu beitragen – etwa der durchgehende Fußboden aus Leithakalk. Der neue Verwaltungstrakt mit seinen roten Fenster hingegen hebt sich – in Höhe und Gestaltung – deutlich vom alten Baubestand ab. Die sachliche, zeitgemäße Architektur war Ausdruck einer kulturpolitischen Haltung dieser Zeit. Man wollte das Burgenland als modernes Land vorstellen und die Landespolitik stellte sich voll hinter die Architekten.

Fertiggestellt wurde das Museum 1976- und der Dialog zwischen alter und neuer Bausubstanz wurde gut angenommen, sagt Gunther Wawrik: "Bei uns in Österreich war es völliges Neuland, alten Baubestand mit neuem zu kombinieren, das wurde immer separiert. Dann, schon Ende der 1950er Jahre, änderte sich diese Denkweise. Man begann, das Gebäude als Teil der Stadt zu betrachten, und nicht nur als alleinstehendes Gebäude."

Gestaltung und Text: Anna Soucek

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Landesmuseum Burgenland ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Landesmuseum Burgenland

Übersicht