Der Müllgreifer in der neu gestalteten Einfahrt, Rinterzelt

JOBST/PID

1981

Rinterzelt, Wien

Mit 27.000 Quadratmetern ist das sogenannte Rinterzelt in Wien-Kagran die wohl größte Holz-Dach-Konstruktion der Welt. Vom Architekten Lukas Lang für die Rinter AG entworfen, wurde es ab 1981 im Probebetrieb für die Abfallverwertung des Wiener Hausmülls verwendet. Und es war, nachdem die Errichterin bald in Konkurs ging, Gegenstand eines Polit-Skandals. Derzeit werden die Sortieranlagen abgesiedelt und der Standort an der Percostraße neu geplant.

Zelt aus Holz

Anna Soucek

Die Form des Rinterzeltes sei "eigentlich das ureinfachste", sagt der Architekt Lukas Lang über den Bautypus Zelt. Beeinflusst vom visionären Architekten Frei Otto, der zum Beispiel das Münchner Olympiagelände mit einer zeltartigen Konstruktion überdacht hat, interessierte sich Lukas Lang in den 1970er Jahren für Hängekonstruktionen, und er schlug die Zeltform für die Abfall-Halle vor. Die Kurve der Konstruktion entwickelte er eher zufällig im Gespräch mit dem Statiker Emil Jakupec.

  • Rinterzelt mit Müll

    Aufnahmen aus dem Jahr 2013

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Rinterzelt

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Rinterzelt innen

    ORF/ANNA SOUCEK

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Kettenkarussell im Prater, dahinter das Rinterzelt, Archivaufnahme

ÖNB/WENZEL-JELINEK

Kettenkarussell im Prater, dahinter das Rinterzelt, Archivaufnahme

Ursprünglich sollte das Zeltdach an Stahlseilen hängen. Doch diese Tragstruktur erwies sich - nach ersten Berechnungen - als zu teuer und brandschutztechnisch schwierig. Als Alternative wurde Holz gewählt, dessen Tragfähigkeit im Brandfall besser kalkulierbar ist. Die insgesamt 48 spaltenförmigen Elemente sind aus Holz. Von einem Stahlring an der Spitze des 68 Meter hohen Beton-Pylons in der Zeltmitte sind sie abgehängt und unten auf Betonflossen gestützt.

In wenigen Monaten Bauzeit konnte das Rinterzelt aufgestellt werden. Architekt Lukas Lang erinnert sich an eine Nacht, in der ein Orkan über die Baustelle fegte: "Da bin ich in der Nacht hingefahren, das war phantastisch. Vollmond, Wolken sind gezogen, und es hat durchgescheint in die Halle. Und es sind Metallteile irgendwo heruntergehangen, die haben wie ein Schlagzeug geklungen. Es hat überall gepfiffen und geheult. Ich bin da gestanden und habe nur gestaunt und gehört."

Das Zelt wurde von der Rinter AG errichtet, die damals neue Aufbereitungsmethoden unter ein Dach zusammenführen wollte. In der Annahme, dass die Maschinen und Anlagen, die ständig weiterentwickelt werden, höher würden, sollte die Baustruktur nach oben hin viel Platz bieten. Mit dieser Prognose lag die Rinter AG falsch - und auch was die lukrative Müllverwertung betraf, ging die Rechnung nicht auf. Nur drei Jahre nach der Eröffnung des Zelts ging die Rinter AG in Konkurs, und die Stadt Wien übernahm die Halle 1986.

"Die Nutzung ist der Architektur nicht eingeschrieben. Es ist einfach eine Halle, in der alles Mögliche sein könnte", meint der Architekt Lukas Lang, man könne genauso verschiedene Kinos einbauen oder einen Zirkus. Dennoch: Nun hat das Rinterzelt ausgedient, endgültig; die Betriebsanlagen werden an logistisch günstigeren Orten aufgestellt, die zudem arbeitsrechtlich und brandschutztechnisch den aktuellen Erfordernissen entsprechen. Für 2019 ist vorgesehen, dass das visionäre und dennoch ungeliebte Bauwerk, das nicht mit der Zeit gehen wollte, abgetragen wird. Danach wird das wohl größte Holz-Zelt der Welt fachgerecht entsorgt.

Gestaltung

  • Anna Soucek

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