2018 CTV/CELESTES/SOLARES/NEUE ROAD MOVIES/DECIA/PTS ART'S FACTORY
Papst Franziskus
Wim Wenders' Kino als Sprachrohr des Vatikans
Vier Privataudienzen beim Papst gewährte der Vatikan dem deutschen Filmemacher Wim Wenders. Nach Pina Bausch, dem Buena Vista Social Club und Sebastiao Salgado ist der Protagonist von Wenders' jüngstem Dokumentarfilm Jorge Mario Bergoglio - Papst Franziskus.
14. Juli 2018, 02:00
Mittagsjournal | 13 06 2018
Kulturjournal | Wim Wenders im Gespräch
Die Idee zu "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" stammt vom vatikanischen Kommunikationssekretariat. Nur ein Grund, warum nach der Weltpremiere in Cannes der Vorwurf einer Auftragsarbeit mit Propagandacharakter laut wurde.
Das ist jetzt kein Schauspieler!
"Beim ersten Mal bin ich aufgeregt gewesen und mein Team auch", gesteht Wim Wenders, wenn er von seinem ersten Aufeinandertreffen mit Papst Franziskus erzählt: "Ich habe zu meinem Team gesagt, das ist jetzt kein Schauspieler! Wenn ihr jetzt Mist baut mit dem Mikrofon, oder dem Licht, dann werden wir das nicht noch Mal machen."
Charismatischer Protagonist & Filmemacher, der predigt
Mit einer Spezialkamera gefilmt wirkt es so, als würde der Papst dem Kinopublikum direkt in die Augen schauen, wenn er über soziale Ungerechtigkeit, über Kapitalismus und Umweltzerstörung spricht. Papst Franziskus überrascht als charismatischer Protagonist dabei immer wieder mit seiner Offenheit und Direktheit.
Wenders hingegen hat sich und seine Fragen komplett aus den Interviewsequenzen herausgeschnitten. Er lässt die Worte des Papstes - teils mit dramatisierender Musik unterlegt - für sich stehen. Bringt sich dann aber über einen Off-Kommentar wieder in den Film ein. Er macht die Kinoleinwand zur Kanzel, von der aus er mit viel Pathos herunterpredigt.
Der Vorwurf der Propaganda
Die Idee zu diesem Film stammt von Dario Viganò, dem damaligen Präfekten des vatikanischen Kommunikationssekretariats, der sich an den Regisseur wandte. Wenders hatte uneingeschränkten Zugriff auf das vatikanische Fernseharchiv. Man sieht Papst Franziskus im Papamobil, umgeben von jubelnden Menschenmengen oder nachdenklich aus einem Hubschrauber auf die Welt hinunterblickend.
Nach der Weltpremiere in Cannes wurde der Vorwurf eines Propagandafilms laut. Er bewundere diesen Mann, der lebe was er sage, so der Regisseur, der einst selbst Priester werden wollte: "Im Prinzip ist das nicht viel anders wie bei meinen früheren Arbeiten über Pina Bausch oder die Herren vom Buena Vista Social Club - ich mache Filme über Dinge, die ich mag." Und Wenders betont die Unabhängigkeit der Produktion: "Wenn das eine Produktion vom Vatikan-TV gewesen wäre, hätte ich das nicht gemacht."
2018 CTV/CELESTES/SOLARES/NEUE ROAD MOVIES/DECIA/PTS ART'S FACTORY/ARTURO DELLE DONNE
"Ich wollte keinen kritischen Film machen"
Der Film streift auch für die katholische Kirche heikle Themen, wie deren Haltung zu Homosexualität, die Rolle der Frau innerhalb der Kirche oder Pädophilie und sexuellen Missbrauch: Hier dürfe es null Toleranz geben, so der Papst. Themen, die gestreift aber nie vertieft werden. Und egal ob kritisch oder rein informativ: Nachfragen oder Nachhaken wollte Wenders grundsätzlich nicht: "Nö, ich wollte auch keinen kritischen Film über den Papst machen. Ich wollte, dass er einen direkten Kontakt zu den Menschen hat, und der Film ist da eher eine Art Medium, der das möglich macht."
Der Konflikt zwischen einem Erneuerer und dem Apparat, den er bewegen muss, habe ihn nicht interessiert, meint Wenders angesprochen auf den Reformwillen des Papstes. Dieser scheint oft größer als jener der römisch-katholischen Kirche, der er vorsteht. Vom Vatikan - das betont der Filmemacher immer wieder - sei der Film in keiner Weise beeinflusst worden. Aber das wäre wohl auch nicht nötig gewesen.
"Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" von Wim Wenders startet am 14. Juni in den heimischen Kinos.