Volume 1, fol. 102r

TASCHEN/GÖTTINGEN, NIEDERSÄCHSISCHE STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK

Neuer Nachdruck

Die Gutenberg-Bibel für jedes Wohnzimmer

Die Gutenberg-Bibel gilt nicht nur als erstes mit beweglichen Lettern gedrucktes Buch, sondern auch als typografisches Meisterwerk. Zuletzt kam ein Faksimile-Druck 1995 um damals umgerechnet 70.000 Schilling heraus. Jetzt hat der Taschen-Verlag aus Anlass des 550. Todestags Johannes Gutenbergs einen Nachdruck um vergleichsweise wohlfeile 100 Euro auf den Markt gebracht.

Morgenjournal | 28 06 2018

180 Exemplare der Bibel hat Johannes Gutenberg rund um das Jahr 1454 gedruckt, nur 22 sind vollständig erhalten. Vorlage für den aktuellen Nachdruck ist die Göttinger Ausgabe, die von der UNESCO 2001 in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen wurde. Der Herausgeber und Inhaber des Gutenberg-Lehrstuhls der Universität Mainz, Stephan Füssel: "Die Göttinger Bibel ist eine von vier, die auf Pergament gedruckt wurden, sie ist vollständig und von einer Hand koloriert."

Kulturjournal | 28 06 2018 | Herausgeber Stephan Füssel im Interview

Wolfgang Popp

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Volume 1, fol. 1r

Ein finanzieller Gewaltakt

Der Druck der Bibeln stellte damals ein Großprojekt dar. Unter den zahlreichen Mitstreitern Gutenbergs sind in erster Linie der Typograf Peter Schöffer und der Unternehmer Johannes Fust zu nennen, der die exorbitante Summe vorschoss, die für die Arbeit vonnöten war. Stephan Füssel: "Fust hat zweimal 800 Gulden in das Projekt hineingepumpt. Nur zum Vergleich: 250 Gulden kostete damals ein repräsentatives Bürgerhaus direkt am Marktplatz von Mainz."

Biografie mit Lücken

Die Ironie der Geschichte will es übrigens, dass gerade über das Leben Johannes Gutenbergs, der als Vater der Massenkommunikation gilt, nur wenig bekannt ist. Das genaue Geburtsdatum kennt man nicht und die existierenden Porträts sind alle lange nach seinem Ableben entstanden. Dafür weiß man mittlerweile, dass Gutenberg nicht verarmt und vergessen gestorben ist, wie lange Zeit geglaubt wurde.

Stephan Füssel: "Ein Dokument, das 1465, also drei Jahre vor Gutenbergs Tod verfasst wurde, berichtet von seiner Ernennung zum Hofmann durch den Kurfürsten von Mainz. Dort heißt es auch, dass ihm, genauso wie den Adligen Kleidung zur Verfügung gestellt, dass er von Steuern und Lasten befreit und er bis an sein Lebensende mit Wein und Getreide versorgt werden solle."

Bücher für alle

2.000 Liter Wein hat Gutenberg jährlich bekommen, noch dazu ausdrücklich zum Eigengebrauch und nicht zum Weiterverkauf bestimmt, was ihn aber scheinbar nicht von der Arbeit abhielt. Die Universitäten wollten die antiken Autoren für ihre Bibliotheken, aber auch die breite Masse stand Schlange, so Stephan Füssel: "Gerade in den Volkssprachen ist sehr früh gedruckt worden und da in erster Linie Ratgeberliteratur wie etwa Herbarien, aber auch Schulbücher. So gibt es 24 Auflagen einer lateinischen Grammatik, die Gutenberg gedruckt hat."

Malen nach Zahlen

Die jetzt erhältliche zweibändige Faksimile-Ausgabe der Gutenberg-Bibel wird übrigens von einem Kuriosum begleitet. In einem Extraband findet sich nämlich Nachdruck und Übersetzung des Göttinger Musterbuchs, eine genaue Anleitung für die Renaissance-Buchmaler, wie die Illuminierungen zu gestalten und die Farben zu mischen sind.

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

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