Erich Lessing

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Nachruf

Fotokünstler Erich Lessing verstorben

Der Fotograf Erich Lessing war einer der bedeutendsten Fotografen Österreichs. 1923 geboren, emigrierte er 1939 nach Palästina und kehrte 1945 nach Wien zurück. Er war Mitglied bei Magnum und fotografierte für Magazine wie "Life" oder "Paris Match". Seine Fotos vom Österreichischen Staatsvertrag oder vom Ungarn-Aufstand sind um die Welt gegangen. Wenige Wochen nach seinem 95. Geburtstag ist er nun gestorben.

"Um ein gutes Foto zu machen, braucht man zwei Augen", umriss Erich Lessing einst prosaisch seine Kunst: "Und Augen sind entweder begabt zum Sehen oder nicht." Die Augen des österreichischen Fotografen gehörten in der Nachkriegszeit zu den begabtesten der Welt, mit seinem Fotoapparat hat er Weltgeschichte festgehalten.

Ob vom Ungarn-Aufstand, beim jüdischen Osteuropa oder der Zeit des Wiederaufbaus im Kommunismus - die Bilder von Erich Lessing gingen um die Welt, seine Porträtaufnahmen großer Politiker wie Eisenhower oder Chruschtschow sowie wichtiger Künstler wie Herbert von Karajan machten ihn weltberühmt.

Radiotechniker, Karpfenzüchter und Fotograf

Geboren wurde Erich Lessing am 13. Juli 1923 als Sohn eines Zahnarztes und einer Konzertpianistin in Wien. 1939 emigrierte er nach Palästina, studierte in Haifa Radiotechnik und arbeitete als Karpfenzüchter in einem Kibbuz. Bereits als Kind interessierte sich Lessing jedoch für die Fotografie, bekam mit 13 Jahren seinen ersten Fotoapparat.

Den richtigen Moment zu erwischen, hängt nicht nur vom Glück ab.

Als Erwachsener fand er zu diesem Hobby zurück und verdiente damit sein Geld. Zuerst arbeitete Lessing als Kindergarten- und Strandfotograf, während des Krieges wurde er bei der Britischen Armee als Fotograf verpflichtet. Nach Kriegsende kehrte der nun 24-Jährige nach Wien zurück und lernte seine spätere Frau Traudl kennen, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet war.

Erich Lessing

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"In einem anderen Österreich"

Das Ehepaar pflegte engen Kontakt zu österreichischen Politikern wie u.a. Bruno Kreisky. "Wenn man abendelang mit dem Leopold Figl im Urbanikeller sitzt; wenn man sich integriert in dieses neue Österreich, dann kommt man in eine Gesellschaft hinein, wo man in einem anderen Österreich lebt und ein bisschen das Österreich von Karl Kraus und der 'Fackel' fortsetzt."

Mein Interesse liegt in der politischen Dokumentation.

Seit 1951 war Erich Lessing Mitglied bei der legendären Fotoagentur "Magnum Photos" in Paris. Dort arbeitete er schon in jungen Jahren mit den einflussreichsten Fotografen seiner Zeit zusammen: mit Henri Cartier-Bresson oder Robert Capa.

1956 war Erich Lessing im Oktober beim Ungarn-Aufstand dabei, die Fotos Lessings wurden zu bedeutenden Zeitdokumenten. "Mein Interesse liegt viel mehr in der politischen Dokumentation. Nach Stalins Tod begann ich mich um Visa in die Oststaaten zu bemühen, um zu zeigen, wie man dort lebt."

Galerie in der Innenstadt

Mit 89 Jahren, im Jahr 2012, eröffnete Lessing eine eigene Galerie in der Wiener Innenstadt, die einige Jahre lang Aufnahmen aus den 70 Arbeitsjahren des Fotodenkers in thematischen Ausstellungen präsentierte, nun aber vor wenigen Monaten geschlossen wurde. Mit Erich Lessing ist einer der bedeutendsten österreichischen Fotografen verstorben.

Text: APA, Red.

Service

Ö1 wiederholt am 30. August in der Sendereihe "Im Gespräch" eine Sendung aus dem Dezember 2006 mit Erich Lessing.

Aus Anlass des Todes von Erich Lessing ändert ORF2 sein Programm und zeigt am Freitag, den 31. August, um 23:20 Uhr „Erich Lessing: Der Photograph im Rückspiegel“. ORF III wiederholt die Dokumentation am Sonntag, den 2. September, um 22.45 Uhr und zeigt im Anschluss (ab 23.40 Uhr) ein Interview mit dem Fotografen, das anlässlich des Jubiläumsjahres 2015 von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz geführt wurde.