APA/HANS PUNZ
Radiokolleg & Archiv
Das Lexikon der österreichischen Popmusik
Pop made in Austria im "Radiokolleg".
13. Oktober 2018, 02:00
Ein Lexikon der österreichischen Popmusik? Eigentlich erstaunlich, dass es derlei noch nicht gab. Jedenfalls nicht in dieser Form: als stetig wachsendes, mit Originaltönen und Musikbeispielen versehenes, kundiges Kompendium im "Radiokolleg" in Ö1.
WOLFGANG SEEHOFER
Im Jänner 2017 gestartet, werden - von Ambros bis Qualtinger, von Danzer bis Wanda - das Leben und Werk signifikanter Größen dokumentiert, ihre Bedeutung für die lokale Musiklandschaft reflektiert und ihr Beitrag zu einer kritischen Gegenkultur gewürdigt.
Radiokolleg | 17. bis 20. 9., 9:45
Das Lexikon der österreichischen Popmusik: Stefan Weber & Drahdiwaberl (am 17.), Yung Hurn (18.), 5/8erl in Ehr'n (19.) und A-Gen 53 (20.)
Breite, Qualität und Vielfalt
Dass dabei die Grenzen weit gezogen sind, liegt auf der Hand - viele der in den Lexikoneinträgen thematisierten Bands, Künstlerinnen und Künstler waren und sind in puncto Airplay eher auf Ö3 und FM4 daheim, manche sogar in den Regionalsendern der ORF-Landesstudios.
Doch es ist gerade dieser "Exotenfaktor", der die Aufarbeitung der österreichischen Pophistorie auf Ö1 begünstigt - wer sich für die Breite, Qualität und Vielfalt der heimischen Musiklandschaft interessiert (und bei dem Thema mitreden möchte), wirft gern einen Blick über den Tellerrand. Zumal die Abgrenzungen für das Kürzel Pop nicht mehr so eindeutig ausfallen wie vor Jahrzehnten - längst hat man gelernt, auch die Schnittmengen mit Elektronik, Schlager, Punk, Jazz, Hip-Hop, Klassik oder Avantgarde näher zu betrachten und fallweise einzugemeinden.
ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Ein Novum in der Rundfunkgeschichte
Zu hören sind Neueinträge im "Lexikon der österreichischen Popmusik" - bislang existieren 33 Folgen - in unregelmäßigen Abständen im "Radiokolleg". Über die reguläre Verfügbarkeit in "7 Tage Ö1" hinaus kann diese Reihe aber mit Permanenz punkten: Alle Beiträge sind im Ö1 Archiv abrufbar.
Lexikon der Popmusik im
Ö1 Archiv
Ein Novum in der Rundfunkgeschichte, denn bislang waren Audio-Inhalte, die Rechte Dritter beinhalten (in diesem Fall die populären Musikstücke), in der Regel nicht für alle Zeiten on demand verfügbar. Allerdings war die Musikindustrie, vertreten durch den Dachverband IFPI, einsichtig, dass hier der pädagogische Wert höher einzuschätzen ist als der kommerzielle "Schaden" - und es ein öffentliches Interesse an Content dieser Art gibt.
Ausstellung als Impulsgeber
Der Impuls zur Einrichtung des tönenden Lexikons ergab sich aus der Kooperation von Ö1 mit dem Wien Museum, das anno 2017 die Ausstellung "Ganz Wien. Eine Poptour" gestaltet hatte - mit mehr als 45.000 Besucher/innen ein großer Erfolg. Zwei der Kuratoren, Thomas Mießgang und der Autor dieser Zeilen, boten an, die wesentlichen Protagonist/innen der Ausstellung auch im Radio vorzustellen.
Rasch stießen weitere Fachleute zum Team - darunter die Ö1 Redakteurin Astrid Schwarz und der Austropop-Experte Al Bird Sputnik, bekannt u. a. durch seine "Schnitzelbeat"-Compilations. Die Aufgabenstellung: in jeweils 13 Minuten das Leben und Wirken exemplarischer Künstlerinnen und Künstler der hiesigen "Szene" zu verdichten. Oft keine ganz leichte Übung.
ORF/HANS LEITNER
Fixsterne und Randfiguren
Eine inhärente redaktionelle Spannung - mit durchwegs produktivem Output - ergibt sich meist schon aus der Diskussion, welche Namen in einem repräsentativen Lexikon der österreichischen Popmusik keinesfalls fehlen dürfen: Ist der Neuschnee-Kopf Hans Wagner nicht eigentlich gebürtiger Berliner? Voodoo Jürgens nicht stark überschätzt? Stefanie Werger heute noch relevant? Sind Konrad Becker oder Electric Indigo Musiker/innen im engeren Sinn? Wer kennt eigentlich noch Hannes Patek, Jack Grunsky, Lolita? Und so weiter und so fort.
Freilich ist es die Mixtur aus geläufigen und überraschenden Namen und der oft spezielle Zugang zu historischen und gegenwärtigen Fixsternen und Randfiguren der Szene, die den Reiz eines solchen Unterfangens ausmachen.
APA/EXPA/SEBASTIAN PUCHER
Open end
Und ein weiterer Aspekt sichert - zumindest in der Theorie - ein Betätigungsfeld, Forschungsmaterial und Publikumsvorfreude für die nächsten Jahrzehnte: Abgeschlossen werden kann ein solches Lexikon eigentlich nie.
Text: Walter Gröbchen
Service
Wien Museum - Ganz Wien. Eine Pop-Tour