SAMMLUNG CALLIMANOPUOS/UGO BOZZI
Ausstellung
Albertina zeigt Monets "Welt im Fluss"
Claude Monet, dem wohl berühmtesten französischen Impressionisten (1840 bis 1926), ist eine umfassende Retrospektive in der Albertina in Wien gewidmet. 100 Gemälde geben einen Überblick über Monets Entwicklung vom Realismus über den Impressionismus bis hin zu seinem immer abstrakter werdenden Alterswerk. Bedeutende Leihgaben kommen aus Paris, London, Tokyo oder Moskau.
20. Oktober 2018, 02:00
"Impressionistisch" nannte erstmals ein Kunstkritiker 1874 ein Gemälde von Claude Monet. Das war abschätzig gemeint, denn die Zeitgenossen hatten noch große Probleme mit dieser flüchtigen, in Punkten aufgelösten Darstellung der Realität, die skizzenhaft blieb und mehr Eindrücke und Lichtstimmungen - also Impressionen - schuf als Handfestes. So zeigt etwa die Serie von Claude Monet "Die Kathedrale von Rouen" das Bauwerk zu zwölf Tageszeiten, immer aus derselben Perspektive.
Mittagsjournal | 19 09 2018
Die zwölf Gemälde unterscheiden sich radikal voneinander, wie Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder ausführt: "Natürlich ist das Steinerne, das Feste an und für sich einem Impressionisten fremd. Er liebt das Unfeste, den Rauch, den Dunst, das Wasser, den Schnee und das Eis. Wenn Monet die Kathedrale malt, so scheint sie in den wechselnden Lichtstimmungen zu wachsen, zu strömen, wie ein lebendiger Organismus." Klaus Albrecht Schröder erzählt, nicht einmal August Strindberg oder Wassily Kandinsky, der später als Maler des ersten abstrakten Gemäldes in die Kunstgeschichte eingehen sollte, hätten anfangs die impressionistischen Gemälde von Claude Monet verstanden.
MUSÉE MARMOTTAN MONET/BRIDGEMAN IMAGES
Armut, Schulden und acht Kinder
Das Unverständnis seiner Zeitgenossen war für die große Armut Claude Monets verantwortlich. Klaus Albrecht Schröder: "Monet war hoch verschuldet und konnte nicht einmal die Lebensmittel bezahlen. Er muss in die abgeschiedene Ebene von Vétheuil ziehen, wo er mit acht Kindern lebt. Zuerst noch mit seiner ersten Frau Camille, die nach einer missglückten Abtreibung verstirbt, und später mit seiner zweiten Frau Alice Hoschedé."
FONDATION BEYELER/ROBERT BAYER
Seerosen, 1916-1919
Triste Winterlandschaften und üppige Gärten
Die Winterlandschaften, darunter der Eisgang aus dem Jahr 1879, als das Eis auf der Seine barst und die gesamte Uferlandschaft zerstörte, oder ein wunderschönes Gemälde, auf dem seine Frau Camille aus einer leuchtenden Winterlandschaft von draußen ins Zimmer blickt, vermitteln trübe Stimmungen. Insgesamt ist es aber erstaunlich, wie wenig sich das harte Leben Claude Monets in seiner Malerei niederschlägt.
Nach dem Tod seiner ersten Frau mietet er das Haus in Giverny, das er bis zu seinem Lebensende mit 86 Jahren bewohnen wird. Mehr und mehr widmet er sich seinem heute berühmt gewordenen Garten als bevorzugtem Sujet: 1897 malt er die ersten Seerosen-Bilder, von denen er acht dem französischen Staat schenkt.
Vom armen Schlucker zum Säulenheiligen der Franzosen
Zu diesem Zeitpunkt war er längst zu einem Säulenheiligen der Franzosen geworden. Besonders interessant in dieser Ausstellung: das Alterswerk, wie etwa der Rosenweg in Giverny, der schon völlig in Abstraktion aufgelöst zu sein scheint. Ein kleiner Wehrmutstropfen dieser Schau: Die dicken goldenen Barockrahmen aus den amerikanischen Museen, die auf behäbige Art versuchen, mit dem feinen Licht auf den Gemälden um die Wette zu leuchten.