Ruth Bader Ginsburg posiert für offizielles Foto am Supreme Court in Washington, DC

APA/AFP/MANDEL NGAN

Dokumentarfilm

RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit

Ihr Konterfei ziert Kaffeetassen, Handyhüllen, T-Shirts und sogar Babystrampler, ihr Twitter-Account "Notorious RBG" hat zehntausende Follower und jedes Sondervotum, das sie am Supreme Court erstellt, wird von ihrer Fangemeinde tausendfach verbreitet. Die 85-jährige Richterin Ruth Bader Ginsburg ist ein Phänomen für sich, dem der Dokumentarfilm "RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit" nachgeht.

Kulturjournal | 13 12 2018

Judith Hoffmann

Wie eine Kindergärtnerin sei sie sich in ihrem Job bisweilen vorgekommen, wird die kleine zierliche Frau mit dem ernsten Gesicht und den großen Augen im Film einmal sagen.

Die Kindergärtnerin, das ist die Richterin Ruth Bader-Ginsburg, der Job: ihre Tätigkeit als Anwältin für Frauenrechte in den USA der 1970er Jahre, und die Kinder: sämtliche männliche Politiker, Juristen und andere Kontrahenten, denen Ginsburg unermüdlich die eklatanten Missstände in Sachen Geschlechtergerechtigkeit erklärte und gegen deren vehemente Positionen sie bahnbrechende Urteile erwirkte - etwa, wenn es um die ungleiche Bezahlung und andere Diskriminierungen ging.

"Ich verlange keine Bevorzugung meines Geschlechts. Ich verlange nur, dass unsere Brüder ihre Füße von unserem Nacken nehmen."
Richterin Ruth Bader Ginsburg

"Sie hat in den 80er Jahren systematisch eine Reihe von Fällen vor den Obersten Gerichtshof gebracht, die zeigten, dass Frauen durch hunderte, ja tausende Gesetze unserer US-amerikanischen Verfassung diskriminiert wurden, und zwar stets unter dem Vorwand, sie zu schützen", erzählt Betsy West, die den Dokumentarfilm gemeinsam mit Co-Regisseurin Julie Cohen drehte.

Große Karriere und lebenslange Liebe

Diese Vorreiterrolle ist aber nur einer von zahlreichen Aspekten, den die beiden Regisseurinnen in ihrem Film zur Sprache bringen. Zum Bild der entschlossenen, strebsamen Studentin und Juristin kommt das einer selbstvergessenen Arbeitswütigen, die vom Ehemann abends aus dem Büro gelockt und nach Hause gezerrt werden musste, die kaum schlief, miserabel kochte und auch sonst das Leben gerne ihrem Beruf bzw. ihrer Berufung unterordnete.

Größter Fürsprecher und Unterstützer ihrer beeindruckenden Laufbahn war nicht zuletzt Bader Ginsburgs Ehemann Martin Ginsburg, der seine Karriere als namhafter Steuer-Anwalt stets hinter die seiner Frau stellte. Er: launig, gesellig, nie um einen Witz verlegen - sie: ernsthaft, zurückhaltend, schüchtern. So trat das Paar jahrzehntelang, bis zu seinem Tod 2010, Seite an Seite in der Öffentlichkeit auf.

Streitbare Ikone und Popstar

Die beiden Regisseurinnen lassen neben Bader Ginsburg selbst auch ihre Kinder und eine ihrer Enkelinnen zu Wort kommen; Freunde und Kollegen, Mitstreiter und Konkurrenten erzählen in kurzen Interviewpassagen von ihren Begegnungen mit der eindrucksvollen Frau, darunter auch Ex-Präsident Bill Clinton, der sie 1993 als Richterin am Obersten Gerichtshof der USA nominierte.

Dazwischen fügen sich historische Bild- und Tonaufnahmen von Verhandlungen, die zu Meilensteinen in Punkto Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit wurden, aber auch öffentliche Podiumsdiskussionen und Fernsehshows. Und langsam wird deutlich: Die kleine zurückhaltende Frau mit der unbeugsamen Haltung ist vor allem in den letzten Jahren zu einer Art Superstar geworden, als sie in der Ära Trump zunehmend im Alleingang gegen Gesetzesnovellen und richterliche Beschlüsse eintrat, die ihrer Meinung nach Rassismus, Sexismus und Homophobie begünstigten.

Der Rhythmus des Films folgt zum einen dem Arbeitstempo der beharrlichen Richterin, zum anderen der Rasanz, mit der sich ihr Ruhm in den letzten Jahren verbreitete. So entsteht ein kurzweiliges, dichtes Porträt der mittlerweile 85-Jährigen, das dennoch nicht in die Verklärungsfalle tappt.

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