Männerhände spielen Klavier

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In Concert

"Play Piano Play" - Gulda 1977

Friedrich Gulda als Jazzpianist im Wiener Musikverein anno 1977

Zitat Friedrich Gulda: "Pianisten, die nicht selbst komponieren, sind für mich keine Musiker im vollen Sinne des Wortes, sondern sie spielen halt zum x-ten Mal mehr oder weniger gut die sicher großartig angeordneten Noten von fremden Leuten, die notabene meist schon lang tot sind. Ich halte die Trennung von Interpreten und Komponisten für eine Degenerationserscheinung, die im 19. Jahrhundert begann und mit dem Erscheinen der Jazzmusik zum Glück unterging."

Der legendäre Wiener Pianist hat sich jedenfalls zeit seines Lebens an diese Maxime gehalten. Bereits im Teenageralter, als Student an der damaligen Musikakademie, schreibt der junge Friedrich Inventionen und Fugen für Klavier. Als 16-Jähriger hört er zum ersten Mal in Genf bewusst Jazzplatten von Duke Ellington, Count Basie, Charlie Parker und Dizzy Gillespie. Es scheint keine Liebe auf das erste Hören gewesen zu sein.

Lebenslange Liebe

Aber der Jazz lässt den hochbegabten Jüngling nicht mehr los, nicht zuletzt deswegen, weil er mit 20 Jahren bereits internationales Renommee in der Klassikwelt erlangt hat. Er sucht nach neuen Herausforderungen, auch deshalb, weil die Kunst der Improvisation in der klassischen Musik zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Ausnahme des Orgelspiels fast völlig verschwunden ist. Die Begegnung mit dem Jazz hat Guldas weitere Entwicklung als Musiker - sowohl als Interpret als auch als Komponist - entscheidend geprägt.

Seine Feuertaufe in dieser zweiten Karriere ist für Gulda sein Auftritt im legendären Jazzclub Birdland 1956 in New York. In den 1960er und 1970er Jahren betätigt er sich immer wieder als Jazzkomponist, von Solostücken für Klavier bis hin zu großorchestralen Werken, bei denen er vor allem dem Big-Band-Sound der 1940er und 1950er Jahre huldigt.

Guldas eigene Klassik

Am 5. Dezember 1977 gastiert der Pianist mit "Guldas eigene Klassik" im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Provokant, wie der Meister nun einmal gewesen ist, bezeichnet er damit seine eigenen Jazzstücke. Er beginnt mit Solowerken für Klavier: Bei "Play Piano Play" handelt es sich um zehn Übungsstücke für Klavier mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad und zunehmendem Improvisationsanteil.

Gulda hat diese Etüden für seine damalige Frau Yuko geschrieben. "Variations, Prelude and Fugue" und "Für Paul" sind weitere Solostücke an diesem Abend. Bei Friedrich Guldas Konzert für die ORF-Big-Band und vier Solisten übernimmt sein damaliger Schüler Roland Batik den Klavierpart.

Duell mit Fritz Pauer

Die weiteren Solisten sind der US-amerikanische Saxofonist Sahib Shihab, der dänische Trompeter Palle Mikkelborg sowie der österreichische Posaunist Erich Kleinschuster, der 2018 im 88. Lebensjahr verstorben ist. Abgeschlossen wird "Guldas eigene Klassik" mit einem Konzert für zwei Pianos und Big-Band, bei dem sich Gulda mit seinem Tastenkollegen Fritz Pauer "duelliert".

Pauer hat zu Friedrich Guldas Jazzausflügen einmal gesagt: "Er hat sich mit Jazzphrasierung mehr auf intellektuelle Art auseinandergesetzt (...). Meiner Meinung nach war Friedrich Gulda hauptsächlich in der sogenannten klassischen Musik zu Hause, seine Formgebung, Phrasierung und Rhythmik sind von der klassischen Musik beeinflusst." Diese Aussage von Fritz Pauer ist nachvollziehbar. Manches, was hier zu hören gewesen ist, klingt heute ein wenig verstaubt, ein interessantes Zeitdokument ist diese ORF-Aufzeichnung auf jeden Fall. Einer der besten Klassikpianisten des 20. Jahrhunderts präsentiert sich als respektabler Jazzpianist.

Dieser Artikel enstammt der aktuellen Ausgabe des Ö1 Magazins "gehört".

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