
PRISMA FILM
Film zum Jubiläum
Backstage Wiener Staatsoper
Zuletzt hat die Wiener Staatsoper mit den Berichten über die Zustände an ihrer Ballettakademie einen unfreiwillig-negativen Blick hinter die Kulissen gewährt. Jetzt zeigt der Film "Backstage Wiener Staatsoper", wie die alte Dame zum 150-jährigen Jubiläum glänzt.
7. Juni 2019, 02:00
Morgenjournal | 07 05 2019
Backstage-Filme über kulturelle Institutionen boomen: Erst im Februar konnte man im Film "Die Burg" hinter die Kulissen des Burgtheaters blicken, im Film "Das große Museum" stand das Kulturhistorische Museum vor der Kamera und zuletzt hat der Ö1 Film "gehört gesehen" Einblicke in den Radiosender gewährt. Ein Trend, der sich auch international zeigt, wie Filme über die Pariser und Münchner Oper oder die New York Library beweisen. Und nun "Backstage Wiener Staatsoper" von Stephanus Domanig.
"Es hat schon Situationen gegeben, wo vorne schon die Ouvertüre gespielt worden ist, und wir hinten noch nicht fertig waren mit dem Aufbau." Das erzählt ein Bühnenarbeiter aus seinem Arbeitsalltag. 350-mal im Jahr hebt sich am Abend der Vorhang der Wiener Staatsoper. Damit er das tun kann, braucht es rund 950 Menschen auf und hinter der Bühne. Der Film begleitet sie vom Schnürboden bis in den Keller, zeigt die Reinigungskraft, die alle 2.000 Monitore abstaubt, den Souffleur, der manchmal nur laut zu denken braucht, den Choristen, dem plötzlich das Kostüm aus 1986 zu eng ist oder den Portier, den einfach nichts mehr erschüttern kann, etwa wenn Leute zu ihm kommen und eine Karte für die "Heute geschlossen"-Vorstellung möchten.
Durchgehender Betrieb auf der Bühne
Auf der Bühne selbst herrscht von 7 bis 23 Uhr Hochbetrieb. Jeden Tag stehen die Kulissen von drei Produktionen auf der Bühne: jene des Vorabends, die weggeräumt werden müssen, jene der Proben am Nachmittag, die auf- und abgebaut werden, und jene für die Abendvorstellung. Eine Dynamik, die beeindruckend sei, sagt der aus Südtirol stammende Regisseur Stephanus Domanig (der derzeit gerade mit seinem Film "Das erste Jahrhundert des Walter Arlen" beim Jewish Film Festival in Los Angeles vertreten ist).
Die Maschine Staatsoper
Das faszinierend-ineinandergreifende Räderwerk aus unterschiedlichsten Menschen und Berufen, hat er 20 Monate (an 21 Drehtagen) lang mit der Kamera beobachtet. Als roten Faden hat er den Entstehungsprozess die Camille Saint-Saens Oper "Samson et Delila" gewählt. Ein Glücksfall, mit zwei Stars wie Elina Garanca und Roberto Alagna, einer aufgeschlossenen Regisseurin wie Alexandra Liedtke und eingängiger Opern-Musik. Dabei wählt er keine streng chronologische Erzählweise, sondern schneidet Probenprozess und fertige Aufführung gegeneinander: "Ein Bogen, auf dem wir uns vor und zurückbewegen - und diese Arbeit permanent auch vergleichen, mit dem was am Ende des Tages dann auch rausgekommen ist."
Film "Just Ballet" über die Ballettakademie
An der Staatsoper ist Domanig kein Unbekannter mehr, hat er doch schon eine Dokumentation über die jetzt in die Schlagzeilen gekommene Ballettakademie gemacht. Zur aktuellen Diskussion will er nichts sagen, der Film sei schon vor neun Jahren entstanden. Er habe mit seinem Film damals einen sehr unwertenden Blick auf die Akademie geworfen. Der Film, der unter anderem die heutige Erste Solo Tänzerin Natascha Mair als 14-jähriges Mädchen zeigt, zeige zum einen die unglaubliche Härte der Ausbildung, zeige aber mit dem Erfolg der Natascha Mair, wohin so eine Ausbildung führen könne.
"Wenn man mit ihr spricht", so Domanig, "dann spürt man, das hat nichts mehr mit Ballett-Mamis zu tun, die ihre Kinder dorthin drängen, sondern das sind junge Menschen, die das einfach wollen, die den Stress und das eigenwillige Leben mit eisernem Willen durchziehen, wie andere Spitzensportler auch." Man müsse sehr vorsichtig sein, dass Einzelfälle nicht zu einer allgemeinen Verurteilung der Schule führen, so Domanig, der an der Schule ein strenges aber gutes Klima wahrgenommen hat.
Ein würdiges Geschenk
Er bemühe sich in all seinen Filmen um eine authentische Darstellung. Und auch im Fall der Staatsoper habe er eine sehr positive Atmosphäre wahrgenommen. Natürlich gäbe es kleinere Reibereien, die in jedem großen Betrieb vorkommen, aber nichts sei langweiliger, als einen Konflikt aufzubauschen, der schon lang vorüber ist, wenn der Film fertig ist.
Der Film ist fertig und ab Freitag in den heimischen Kinos - schön, technisch elegant, und von Musik untermalt - von Ecken und Kanten befreit und abgeschliffen. Ein würdiges Geschenk an die 150 Jahre alte Dame Staatsoper, in dessen glänzend polierter Oberfläche sie sich sicher gerne spiegelt.