Chinesische Sängerinnen in Aktion

JIANGSU CENTER FOR PERFORMING ARTS

Die Tagebücher von John Rabe

Oper über den Schindler Chinas im Ronacher

Das Massaker von Nanjing 1937/38, verübt von den japanischen Besatzern an der chinesischen Zivilbevölkerung gilt als traumatisches Ereignis in der chinesischen Geschichte. Der deutsche Unternehmer John Rabe rettete damals zahllosen Menschen das Leben. Die chinesische Opernproduktion "Die Tagebücher von John Rabe" erzählt davon.

Morgenjournal | 09 07 2019

Wolfgang Popp

In Sekunden verwandeln sich Menschen und Häuser in Asche, singt der Chor vor einer in dunkles Blau getauchten Häuserruine. Schätzungen zufolge wurden beim Massaker von Nanjing im Winter 1937/38 mehr als 200.000 Kriegsgefangene und Zivilisten ermordet und 20.000 Frauen vergewaltigt. Dass die Opferzahl nicht weitaus höher war, ist dem Deutschen John Rabe zu verdanken.

Regisseurin Zhou Mo

JIANGSU CENTER FOR PERFORMING ARTS

Regisseurin Zhou Mo

Die Lagerhalle zur Schutzzone erklärt

John Rabe lebte als Geschäftsführer von Siemens China bereits seit 1918 in der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanjing, als er mitten hinein in eine der schlimmsten Tragödien des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges geriet. Und für die Chinesen zur Lichtgestalt wurde, wie Regisseurin Zhou Mo meint: "Für uns Chinesen hat er denselben Rang wie Oskar Schindler, weil er während der japanischen Invasion das Siemens-Lagerhaus zur Schutzzone erklärt und so mehr als 200.000 Menschen das Leben gerettet hat. Deshalb war mir John Rabe auch, von Kindheit an, ein Begriff."

Einzigartige Tagebücher

Das Libretto folgt in sehr freier und dramatisierter Form den in den 90er-Jahren wiederentdeckten Tagebüchern John Rabes, an einer Stelle jedoch wollte man unbedingt absolut authentisch sein. Dazu meint die Regisseurin Zhou Mo: "Die Abschiedsrede von John Rabe, die er 1938 in Nanjing gehalten hat, haben wir wortgetreu übernommen und zur letzten großen Arie in unserem Stück gemacht."

Chinesische Folklore trifft Bach

Die Musik stammt vom chinesischen Komponisten Tang Jianping, der seine Jugend in der Mao-Zeit verlebte und als er 1987 promovierte, der erste in der Volksrepublik China ausgebildete Doktor im Fach klassische Musik war, erzählt die Regisseurin Zhou Mo: "Er gehört der ersten Generation von Komponisten nach der Kulturrevolution an. Er kennt sich in der chinesischen Folklore aus, hat aber auch die westliche klassische Musik eingehend studiert. Für diese Oper hat er Bach als Leitmotiv verwendet, um auf diese Weise der deutschen Musiktradition Tribut zu zollen."

Wie ein Roter Faden durchzieht Bachs Passacaglia und Fuge in c-Moll die Oper, in den dramatischen Szenen setzt Tang aber auch auf perkussive Elemente, die der chinesischen Tradition geschuldet sind.

Chinesischer Opern-Hype

Regisseurin Zhou Mo hat ihre Ausbildung in den USA erfahren und dort die letzten zehn Jahre gelebt und gearbeitet. "Die Tagebücher von John Rabe" stellen ihre erste und sicher nicht letzte Regiearbeit in China dar, denn im Land ist zuletzt ein unglaublicher Opern-Hype ausgebrochen, so Zhou Mo. "Vor etwa zehn Jahren begann man in China zahllose Opernhäuser zu bauen - und der Trend hält an, denn anders als im Westen sind bei uns 75 Prozent des Opernpublikums unter 35. Genauso gibt es bei uns auch eine neue Generation an großartigen Sängerinnen und Sängern und auch der Anteil an neu komponierten Opern ist wesentlich höher als in den USA."

Einen Einblick in die neue Opernhochburg China kann man sich derzeit im Wiener Ronacher verschaffen. Dort gastiert das Jiangsu Center for Performing Arts aus Nanjing mit der Oper "Die Tagebücher von John Rabe", heute und morgen jeweils um 19:30 Uhr.

Service

Für die Aufführung am Mittwoch, 10. Juli 2019, vergibt das Ö1 Service 10 x 2 Karten. Alle Infos telefonisch unter: (01) 501 70 371

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

Übersicht