Regenbogen-Zebrastreifen in Wien

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Radiokolleg

Die Lesben- und Schwulenbewegung in Österreich

Von der Entkriminalisierung lesbischer und schwuler Beziehungen bis zu deren rechtlicher Gleichstellung mit heterosexuellen Partnerschaften dauerte es global rund ein halbes Jahrhundert. In Österreich steht es gleichgeschlechtlichen Paaren seit dem 1. Jänner 2019 offen, die Ehe zu schließen, und mehrere Paare gaben einander im Zuge des Pride Wedding Day am 11. Juni 2019 mit Stolz das Jawort.

Pride - der englische Begriff für Stolz - ist Bestandteil der Lesben- und Schwulenbewegung. Es geht nicht nur darum, keine Angst vor Verfolgung und Ausgrenzung zu haben, sondern darum, die jeweilige Beziehungsform mit demselben Stolz, derselben Würde zu (er)leben wie in heterosexuellen Partnerschaften.

Der Pride Wedding Day war mit zahllosen anderen Veranstaltungen in die Euro Pride eingebettet. Seit 1992 wird diese europäische "Pride" jedes Jahr in einer anderen Stadt Europas ausgerichtet. 2019 vergab der europäische Dachverband der Veranstalter von Lesben- und Schwulenparaden, EPOA (European Pride Organisers Association), die Lizenz - wie schon im Jahr 2001 - an Wien.

Dem langjährigen Veranstalter Hosi (Homosexuelleninitiative) Wien - der übrigens in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert - wurde damit die Möglichkeit gegeben, Wien in einem internationalen Jubiläumsjahr als Fenster zur Welt zu öffnen.

Vor 50 Jahren wurden nämlich nicht nur das Woodstock-Festival begangen, der Grundstein für das Internet gelegt und der Mond von Astronauten betreten, sondern mit dem Stonewall-Aufstand auch eine Wende im Kampf für Gleichbehandlung und Anerkennung sexuell gleichgeschlechtlich orientierter Menschen eingeläutet.

Damals, am 28. Juni 1969, widersetzte sich eine Gruppe von Lesben, Schwulen und TransPersonen bei einer Razzia in der New Yorker Bar Stonewall Inn in der Christopher Street im Stadtteil Greenwich Village ihrer Verhaftung. Aus diesem Aufstand, den "Stonewall Riots", ging im Folgejahr der Christopher Street Day hervor, an dem Lesben, Schwule und TransPersonen seither für ihre Rechte demonstrieren.

Regenbogenparade, 1999

4. Regenbogenparade in Wien, 1999

APA/HERBERT PFARRHOFER

In Anlehnung daran fand am 29. Juni 1996 die erste Regenbogenparade in Österreich statt. Zwei der Organisatoren dieser Parade, Andreas Brunner und Hannes Sulzenbacher, gründeten vor zehn Jahren mit dem QWien das größte Archiv sowie die vermutlich größte Bibliothek Österreichs zu lesbisch/schwuler Kultur und Geschichte. Wie fast alle Minderheiten und an den Rand der Gesellschaft gedrängten Gruppen sind auch Lesben und Schwule von einer offiziellen Geschichtslosigkeit betroffen. Da sie selbst bemüht sein mussten, die Spuren ihres sexuellen Lebens so gut wie möglich zu verwischen, um im Fall der polizeilichen Verfolgung kein belastendes Material zu hinterlassen, ist ihre Geschichte fast nur über die gerichtlichen Dokumente der Ankläger zugänglich.

Der Blick zurück zeigt eine Spur der Verfolgung und Rechtlosigkeit, aber auch des Widerstandes und Engagements. Paragraf 129 I b des Strafgesetzes von 1852 bezüglich der "Unzucht wider die Natur mit Personen desselben Geschlechts" galt unverändert bis ins Jahr 1971, allein das Strafmaß wurde mehrmals verändert und erfuhr während der nationalsozialistischen Diktatur seinen bitteren Höhepunkt mit der Hinrichtung Homosexueller wie der des 21-jährigen Franz Doms am 7. Februar 1944 in Wien. Das Ö1 Feature "Mit einem Warmen kein Pardon! Der Fall Franz Doms" von Jürgen Pettinger wurde heuer in Karlsruhe mit dem dokKa-Preis ausgezeichnet. Bis zum Status quo gab es nach Kriegsende nicht wenige Fortschritte und Erfolge - und Rückschläge.

Gestaltung: Christa Nebenführ