Vincent van Gogh, "Das Nachtcafé in Arles", 1888

ALBERTINA/RETO PEDRINI

Van Gogh, Cézanne, Matisse, Hodler

Albertina zeigt Sammlung Hahnloser

Meister der französischen modernen Kunst hat das Ehepaar Hahnloser gesammelt, als es noch kaum Interesse und keinen Markt für diese Werke gab. Zwischen 1906 und 1933 baute der Augenarzt Arthur Hahnloser mit seiner kunstbegeisterten Frau Hedy in Winterthur in der Schweiz eine umfangreiche Sammlung auf, die bedeutende Werkgruppen moderner Malerei enthält, unter anderem von Cezanne, Matisse, Bonnard, van Gogh und Hodler. Nun ist die international einzigartige Sammlung in der Albertina zu sehen.

Mittagsjournal | 21 02 2020

Anna Soucek

Mit einem feinen Sensorium für künstlerische Qualität, einer Offenheit für avantgardistische Tendenzen und einem hilfsbereiten Netzwerk gelang es Hedy und Arthur Hahnloser Anfang des 20. Jahrhunderts an Schlüsselwerke der modernen Kunst zu gelangen; oft kauften sie direkt bei Atelierbesuchen an. Wichtig war für sie stets der enge Kontakt zu Künstlern - sie wollten deren Motive verstehen, Überlegungen und Herangehensweisen, die der Kunst zugrunde lagen.

Félix Vallotton Die Weiße und die Schwarze, 1913

Félix Vallotton, "Die Weiße und die Schwarze", 1913

ALBERTINA/RETO PEDRINI

Die Welt neu wahrnehmen

"Die Welt mit den Augen der Künstler neu wahrzunehmen war für sie ein Erlebnis, das sie immer wieder gesucht haben", sagt der Kurator der Ausstellung "Van Gogh, Cezanne, Matisse, Hodler. Die Sammlung Hahnloser", der Kunsthistoriker und ehemalige Leiter des Kunstmuseums Bern, Matthias Frehner.

Arthur und Hedy Hahnloser waren im intellektuellen Austausch mit Künstlern, die ihnen wiederum befreundete Kollegen weiterempfahlen - so landeten sie unter anderem bei Felix Vallotton, einem Schweizer Maler und Schriftsteller, den die Hahnlosers in ihre Familiendomizil nach Winterthur einluden, um sie zu porträtieren.

Gertrude Stein und Felix Vallotton

Diese Bildnisse von Arthur und Hedy Hahnloser hängen im Eingangsraum der Albertina-Ausstellung; sie wirken sonderbar kühl und objekthaft, wie es Felix Vallottons Malstil entsprach. Über diesen berichtete Hedy Hahnloser, aber auch die Poetin Gertrude Stein, die von Vallotton zeitgleich porträtiert wurde: "Er hat Skizzen gemacht, und dann hat er zu malen begonnen, von links nach rechts, von oben nach unten, Reihe für Reihe. Als er unten war, war das Bild fertig - ein Verfahren, das an einen Drucker erinnert", so Frehner.

Félix Vallotton Der violette Hut, 1907

Félix Vallotton, "Der violette Hut", 1907

ALBERTINA/RETO PEDRINI

Glücksfall Van Gogh

Nachdem die Hahnlosers die Schweizer Moderne, etwa Ferdinand Hodler oder Giovanni Giacometti, für sich erschlossen hatten, wandten sie sich deren Wegbereitern zu: Cézanne, Monet, Renoir und van Gogh. Der umfangreiche Bestand an Werken von Van Gogh ist einem Glücksfall zu verdanken, erzählt der Kurator, denn 1920 kam in Amsterdam eine große van-Gogh-Sammlung zur Versteigerung, wo der Sohn Hans R. Hahnloser vierzehn Van Goghs zu Schnäppchenpreisen erwerben konnte: "Das war eine Sternstunde - natürlich auch in Hinblick auf die Schweizer Museen, die davon profitieren konnten."

Vincent van Gogh: Verblühte Sonnenblumen, 1887

Vincent van Gogh, "Verblühte Sonnenblumen", 1887

KUNSTMUSEUM BERN

"Das Prinzip Hahnloser"

Denn sowohl die Eltern, Hedy und Arthur, als auch der Sohn Hans, später jahrzehntelang Kunstgeschichte-Professor in Bern, ließen Museen an ihren Sammlungserrungenschaften stets teilhaben, indem sie ihnen Werke schenkten. Mit der Absicht, den von ihnen geförderten Künstlern eine Öffentlichkeit zu verschaffen, aber auch die Ausrichtung der öffentlichen Sammlungen hin zur Moderne zu beeinflussen. "Werke von Künstlern, die sie selbst gesammelt haben, wurden ganz gezielt geschenkt, vor allem dem Kunstmuseum Winterthur, was Eigenerwerbungen ausgelöst hat."

"Das Prinzip Hahnloser" nennt man diese Vorgangsweise: Einzelne Werke werden in Museen platziert, um weitere Ankäufe durch die öffentliche Hand anzuregen. Auch in ihrem Freundeskreis und in der Familie hat das Ehepaar Ankäufe motiviert – sie haben größere Kunst-Bestellungen aufgegeben, eine Arbeit dem Museum geschenkt, die anderen Werke an Bekannte vermittelt, und einiges in der Sammlung behalten. Diese ist übrigens im Kern immer noch in Familienbesitz.

Service

Die Wiener Albertina präsentiert die Sammlung Hahnloser bis zum 24. Mai 2020.

Gestaltung

  • Anna Soucek

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