Arbeitsplatz

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Journalisten-Ausbildung

Traumjob Journalismus im Reality-Check

Einmal in einer Redaktion arbeiten, davon träumen viele junge Menschen, die an der Universität oder einer Fachhochschule Journalismus studieren. Aber die Jobs in der Branche werden immer weniger. Nicht viele werden einen fixen, gut bezahlten Job finden. Umso wichtiger ist es für den Journalismus, die immer älter werdende Belegschaft in den Medienhäusern weiterzubilden, aber auch dafür fehlt oft Zeit und Geld. Das hat einen Preis.

Schon in der Schule hat Katharia Russold davon geträumt, Journalistin zu werden. Was den Reiz am Job ausmacht, beschreibt sie am Beispiel Corona. Es sei wichtig, "dass es Journalisten gibt, die objektiv berichterstatten - und es gibt einfach Themen, über die man reden muss“. Im Laufe ihres Studiums an der FH Joanneum in Graz ist 23-Jährige pragmatischer geworden, sie hat mitbekommen, "dass es vielleicht nicht der sicherste Job ist" - unklar sei, ob man davon leben kann und ob man überhaupt einen Job findet. Gut also, dass sie auch einiges über Öffentlichkeitsarbeit gelernt hat, meint sie.

Arbeitsplatz, Tischlampe

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Journalismus als Querschnittsmaterie

Eine reine Journalistik-Ausbildung wie etwa in Hamburg oder Dortmund gibt es in Österreich nicht, sagt Susanne Kirchhoff von der Universität Salzburg, sie hat eine Studie darüber gemacht, wie Journalisten in Österreich ausgebildet werden. An der Uni wird Journalismus wird im Rahmen von Kommunikationswissenschaft in Wien, Salzburg und Klagenfurt gelehrt, sowie an der privaten Webster University in Wien.

In Innsbruck gibt es ein neues Masterstudium. Journalistisch weiterbilden kann man sich auch auf der Donau-Uni Krems. Zusätzlich wird an sieben Fachhochschulen Journalismus gelehrt. Den größten Fokus darauf legen die FH Wien und die FH Joanneum in Graz. Während an den Unis mehr Medientheorie vermittelt wird, stehe an den FHs die Praxis im Vordergrund, sagt Kirchhoff.

Tabubruch mit Public Relations?

Die Fachhochschulen suchen sich Spezialgebiete, an der FH Joanneum ist das eben Public Relations. Das ist nicht unproblematisch, schon bei der Gründung des Studiengangs vor bald 20 Jahren bestand Sorge, dass dadurch die Grenzen zwischen PR und Journalismus verwässert würden. Keineswegs, das könne man sich nicht leisten, sagt Institutsleiter Heinz Fischer, die Unterschiede würden genau vermittelt, nach dem Motto: "Achtung jetzt reden wir über professionelle Kommunikation à la PR - und jetzt reden wir über öffentliche Kommunikation à la Journalismus."

Was wurde aus den Lehrredaktionen?

Lehrredaktionen gibt es auch in den Medienhäusern - "Die Presse", die "Vorarlberger Nachrichten", die APA oder auch der ORF bilden junge Menschen aus. Allerdings wird das immer weniger, oft fehlen in den schrumpfenden Redaktionen die Personen, die Zeit haben die jungen Leute auszubilden, Budgets werden gekürzt. Auch im ORF Radio gibt es die Lehrredaktion nicht mehr, die viele bekannte Radio-Redakteure absolviert haben.

"Journalismus lernt man im Job"

Journalismus lernt man im Job, nicht im Hörsaal, meint Simon Kravagna, er war beim "Kurier" und bei "Format" und leitet nun das Forum Journalismus und Medien - das "fjum" - spezialisiert auf Weiterbildung. Journalisten, die schon länger im Job sind, müssten sich weiterbilden, das könnten die Medienhäuser aber oft nicht selbst leisten, das "fjum" fülle daher eine Lücke. Vor allem die über 50-Jährigen müssten viele digitale Skills dazulernen. Aber auch Kravagna kennt das Problem, dass Redaktionen für Weiterbildung immer weniger Geld und Zeit haben.

Revierkampf der Journalismus-Schulen

Es wäre nicht Österreich, gäbe es nicht auch in der kleinen Welt der Journalisten-Schulen Intrigen und Revierkämpfe. Im alteingesessenen Kuratorium für Journalistenausbildung bekriegen sich derzeit die Träger Gewerkschaft und Zeitungsverband, hinter den Kulissen wird auch mit Tricks um die kargen Fördergelder gerungen – und man bringt sich in Stellung für erwartete neue Gelder aus der von der Regierung angekündigten Digitalförderung.

Gerangel um den kleinen Förderkuchen

Das Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) und das "fjum" - Forum Journalismus und Medien - teilen sich einen Kuchen, der seit Jahren 425.000 Euro ausmacht. Bis 2014 hatte das Kuratorium diese Fördersumme für sich allein, jetzt wird mit dem "fjum" geteilt. Das bekommt aber zusätzlich 150.000 Euro von der Stadt Wien. Das KfJ hat hingegen Geld-Probleme, schildert Eike-Clemens Kullmann, der Chef der Journalisten-Gewerkschaft. Kullmann betont, dass zwar alle Bundesländer fördernde Mitglieder des KfJ seien, aber dass mehrere seit Jahren keinen oder einen geringen Beitrag leisten würden.

Kommt die Bürgerliche Kaderschmiede?

Das hat jetzt zu einem Eklat zwischen den Trägern geführt - neben der Gewerkschaft sind das der Zeitungsverband VÖZ und der Zeitschriftenverband. Seit Juli führt Martin Fleischhacker, Geschäftsführer der republikseigenen "Wiener Zeitung" mit ÖVP-Hintergrund, für die Verleger den Vorstand. Und Fleischhacker hat veranlasst, dass das KfJ seinen Gründungsstandort Salzburg aufgibt. Die Gewerkschaft schäumt.

Kenner der Szene vermuten, dass es Fleischhacker gar nicht so unrecht wäre, wenn sich die Gewerkschaft verabschiedet. Er könnte dann mit der "Wiener Zeitung" das Ausbildungsgeschäft für die Printbranche übernehmen. Dass die "Wiener Zeitung" neue Geschäftsfelder braucht wie einen Bissen Brot, ist kein Geheimnis.

Wer kann schon Türkisch oder Arabisch?

Aber wer wird überhaupt Journalist oder Journalistin? Der Branche fehlen vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, die ausgebildet werden müssen, sagt Kravagna - er hat das Magazin "Biber" mitgegründet, das über Themen von Menschen mit Migrationshintergrund berichtet und auch eine Akademie hat. "Es ist furchtbar, ständig über Islamisierung zu sprechen und zu schreiben, aber in diesen Welten kein Wort zu verstehen“, sagt Kravagna.

Nur hundert Journalisten-Jobs pro Jahr

In jedem Fall ist es für junge Absolventen schwer, einen Job zu finden. Während es vor 15 Jahren noch rund 7000 Jounralisten in Österreich gab, sind es derzeit etwa 5300, zeigt der jüngste Journalismusreport. Für drei Personen, die wegfallen, wird nur eine nachbesetzt, sagt Autor Andy Kaltenbrunner. Nur noch an die hundert Stellen pro Jahr würden vergeben - die Branche veraltet. Derzeit sei nur jeder zehnte Journalist unter 30 Jahre alt. Das hat einen hohen Preis: Es fehlen die Innovationen und die Themen der Jungen. Deshalb werden auch immer weniger junge Hörer, Seher und Leser erreicht - eine Spirale nach unten.

Immer mehr eine Frage des Geldes

Eine feste Anstellung zu ergattern, wird mit Sicherheit schwieriger, daher müssen sich viele junge Journalisten überlegen, wie sie als selbstständige Unternehmer verdienen können. Darüber sollten die Studenten auch etwas lernen, sagt Susanne Kirchhoff von der Uni Salzburg. Ein hartes Pflaster also. Die Studentin Katharina Russold geht daher, so wie die meisten Absolventinnen der FH Joanneum, erst einmal in die PR. Die „Nummer Sicher“ also, statt dem Traumjob.

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