Susanne Brandstätter

ORF/VIKTORIA WALDHÄUSL

Im Gespräch

Die Regisseurin Susanne Brandstätter

Renata Schmidtkunz spricht mit der Regisseurin Susanne Brandstätter über parallele politische Entwicklungen in den USA und in Europa, über gespaltene Gesellschaften und soziale Klüfte.

„It is man’s natural sickness to believe that he possesses the truth. “ Es ist ein Zitat von Blaise Pascal, das die in Los Angeles geborene Susanne Brandstätter ihrem jüngsten Dokumentarfilm voranstellt.

This Land Is My Land zeigt vermittels zahlreicher Gespräche mit Trump-Wähler/innen, wie jeder Mensch seine eigene Wahrheit schafft.

Filmstill aus "This Land Is My Land"

"This Land Is My Land"

FILMDELIGHTS

„Obwohl ich sehr offen bin, war es eine Herausforderung, meine eigenen Ansichten und Argumente zurückzubehalten“

Dass sie auch anders kann, hat Susanne Brandstätter schon früh gezeigt: Mit zwölf Jahren setzte sie gegen den Willen ihres Vaters durch, in der Schule Französisch zu lernen. Der Geschäftsmann war der Ansicht, dass ihr Spanisch in ihrem kalifornischen Zuhause mehr nützen würde.

Aber Susanne Brandstätter dachte gar nicht daran, in den USA zu bleiben. Sie studierte französische Literatur und Kunst und zog in den 1970er Jahren nach Paris, wo sie als Kunstagentin sowie als Sprachtrainerin arbeitete und sich in den Kärntner Künstler Karl Brandstätter verliebte. Aus der US-amerikanischen Susan war die frankophile Susanne geworden.

„Er musste eine Zeit lang liegend auf dem Boden unserer Einzimmerwohnung arbeiten“

Das Interesse für Kunst hatte ihr ihre Mutter mitgegeben. Selbst Malerin von Beruf, hatte sie mit ihrer jüngsten Tochter lieber Kunst- statt Kinderbücher gelesen. „Wir waren auch oft im Ballett und bei Leonard Bernstein. Das hat mein Leben ganz stark geprägt“, erzählt Susanne Brandstätter.

Als Karl Brandstätter sein Pariser Atelier verlor, entschied sich das Paar im Jahr 1975, nach Österreich zu ziehen. „Er musste eine Zeit lang liegend auf dem Boden unserer Einzimmerwohnung arbeiten“, erinnert sich Susanne Brandstätter lachend.

„Auf einmal hatte ich eine eigene Sendung, obwohl ich damals keine Ahnung vom Radiomachen hatte.“

In Kärnten bekam sie einen Sohn, unterrichtete Englisch und Französisch, lernte Deutsch und wie man Kärntner Kasnudeln macht. „So richtig, mit gekrendeltem Rand.“ Außerdem verfasste Susanne Brandstätter Kurzgeschichten sowie Lyrik und konzipierte eine Kindersendung mit dem Titel Krims Krams, die in den 1980er Jahren in Radio Kärnten zu hören war. „Auf einmal hatte ich eine eigene Sendung, obwohl ich damals keine Ahnung vom Radiomachen hatte.“

Aber Susanne Brandstätter lernte auch, Fernsehen zu machen. Zunächst lieferte sie Kulturbeiträge für das regionale ORF-Programm, ab 1987 für die Religionsabteilung des ORF am Wiener Küniglberg. Im Zuge der Dreharbeiten reiste sie um die Welt. „Das war sehr spannend und hat mir irrsinnig gut gefallen. Dennoch wollte ich dann auch einmal etwas anderes machen.“

Also besuchte Susanne Brandstätter internationale Filmfestivals, bildete sich weiter und war 2002 schließlich vielfach ausgezeichnete freie Filmemacherin. Unter anderem wurde ihre Dokumentation Schachmatt über die Hintergründe der rumänischen Revolution im Jahr 2005 mit einer Romy prämiert. Als bester Film des Jahres erhielt sie für die Produktion Rule of Law – Justiz im Kosovo 2007 den Wiener Filmpreis.

"Indien im Eilzug der Zeit": Kameramann Peter Giczy und Regisseurin Susanne Brandstätter.

"Die Schnelligkeit des Seins - Indien im Eilzug der Zeit", 2006: Kameramann Peter Giczy und Regisseurin Susanne Brandstätter.

ORF/WERNER DORNIK

Heute lebt Susanne Brandstätter in Wien, wo sie seit 2014 Dokumentarfilmregie an der Universität für Musik und darstellende Kunst lehrt. Ob es infolge der Coronapandemie weniger Publikum für This Land Is My Land geben wird, ist ungewiss. Aber die Kinokasse scheint zumindest kein Pech über Susanne Brandstätter zu bringen: Hat sie doch ihren Lebensgefährten Petr Spatenka in der Schlange des Freiluft-Sommerkinos im Augarten kennengelernt.

Text: Viktoria Waldhäusl