Santrofi

JACOB CRAWFURD

In Concert

Höhepunkte der World Music Expo 2019

Am 26. Oktober 2019 fand die 25. Ausgabe der World Music Expo kurz WOMEX in Finnland statt. Die 26. Ausgabe hätte Ende Oktober 2020 in Budapest stattfinden sollen. Nachdem Ungarn am 1. September seine Grenzen dicht gemacht hatte, wurde schnell klar, dass die diesjährige WOMEX digital stattfinden wird.

Das geschieht derzeit und es gibt online viele Konzerte, Gespräch etc. Normalerweise ist auch Ö1 mit einer Live-Sendung an Ort und Stelle dabei, dieses Jahr auf Grund der Umstände nicht. Daher sollen die bisher unveröffentlichten und in Ö1 bislang noch nicht gesendeten Höhepunkte der WOMEX 2019 zumindest ein akustisches Trostpflaster sein!

Geige, Gitarre und Cello im Gedankenaustausch

Es ist der 26. Oktober 2019, schon nach Mitternacht, gegen 0.30 Uhr, als drei Musiker die Bühne des Veranstaltungszentrums Tampere Talo betreten: Sébastien Surel, Vincent Segal und Tomás Gubitsch sind nach Finnland gereist, um ihren Showcase-Auftritt im Rahmen der WOMEX zu absolvieren, und um ein begeistertes Auditorium zu hinterlassen.

Dabei verbindet die in Paris lebenden Künstler vor allem eines: Ihre von vielen Elementen geprägte Musik ist purer, starker Jazz. Geiger Sébastian Surel spielt zwar sonst im rein klassischen Trio Talweg, Vincent Segal hat sein Cello schon vom Trip Hop bis zur World Music (in intimen Duos mit Kora und anderen Instrumenten) erklingen lassen, und die Gitarre von Tomás Gubitsch war eine Zeit lang Teil des Ensemble-Sounds von Astor Piazzolla. Die reichhaltigen Einflüsse vereinigen sich im Trio zu einem prächtig groovenden, swingenden Strom.

Sébastien Surel, Vincent Segal und Tomás Gubitsch

Sébastien Surel, Vincent Segal und Tomás Gubitsch

YANNIS PSATHAS

Dass ein Jazz-Konzert ausgerechnet auf der „WORLD Music Expo“ zu einem Höhepunkt geraten sollte, hat viele Gründe. Hier seien nur zwei davon genannt: Erstens steht World Music nach wie vor für ein Genre, dass eigentlich keines ist. Der Begriff scheint dehnbar, wie es sonst keine Schublade sein könnte. Zweitens ergänzen die drei ihre Musik mit diversen scharfen Gewürzen, zum Beispiel wenn Cellist Segal seine Saiten mit einer filigranen metall-Kette so präpariert, dass man eine marokkanische Laute oder eine westafrikanische Trommel zu vernehmen schein.

Aufregende Geigenmusik und konzertanter Wettstreit

Zwei 5-saitige Geigen genügen Emilia Lajunen und Suvi Oskala aus Finnland für ein aufregendes Programm auf Basis alter skandinavischer Melodien, die sie teilweise von Schellackschallplatten transkribiert haben. Was sie draus machen, ist traditionelle und zeitgenössische und sehr aufregende Geigenmusik.

Den Heimvorteil - finnische Musik in Finnland - darf man nicht zu groß auffassen, das Publikum der Womex kommt aus der ganzen Welt. Und aus drei Ländern - Marokko, Mali und Madagaskar - kommt das Trio 3MA.

Driss El Malouni spielt Oud, die arabische Laute. Rajeryx aus Madaskar spielt Valiha, eine röhrenförmige Zither, deren Saiten rund um diese „röhre“ gespannt sind. Und Ballake Sissoko aus Mali spielt die Kora. Eigentlich ein Mittelding aus Harfe und Laute. Im Ensemble Sound kann man nicht immer unterscheiden, welches Instrument gerade am „solieren“ ist, aber man könnte sagen - die Kora klingt golden, die Valiha silbern, und die Oud nach Bronze.

Das Konzert des Trio 3MA hatte manchmal etwas von jenen Konzerten der 1980er Jahre, die der Flamenco Gitarrist Paco de Lucia, mit Al di Meola und John McLaughlin absolvierten. Ein konzertanter Wettstreit mit viel Raum zur Improvisation. Und akrobatischem Spaß

100 verschiedene Maultrommeln

In Tampere fanden in drei Veranstaltungshäuser über 60 Konzerte statt. Viele Bands die um Aufmerksamkeit buhlen. Und Überraschungen gab es zu Hauf - etwas als der kleine Saal, in dem das Konzert der Solistin Cätlin Mägi aus Estland stattfand, aus allen Nähten platzte.

Die Multi-Instrumentalistin zog einfach alle in Ihren Bann, vor allem mit ihrem unglaublich vielfältigen Maultrommel-Spiel, sie besitzt 100 verschiedene Maultrommeln, 50 hatte sie im Konzert mit. Cätlin Mägi zeigte sich dazwischen auch als talentierte Moderatorin, inklusive einer Darbietung des Liedes „Bruder Jakob“ als Obertonmelodie.

Gestaltung