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Umstrittene Gletscherehe

Vor einem Jahr wurde viel Pulverschnee aufgewirbelt: Zwei Skigebiete sollen zu einem verschmelzen. Die Pisten-Skifahrerinnen und -fahrer sollen in Zukunft ganz einfach vom Ötztal ins Pitztal schaukeln können und umgekehrt, geht es nach den Plänen der Seilbahnbetreiber. Doch die naturräumlichen Eingriffe in der Gletscherregion sind massiv, kritisieren Bürgerinitiativen, Alpinvereine und NGOs.

Die Projektbetreiber erhoffen sich durch die Erweiterung eine "schneesichere" Ausdehnung der Wintersaison. Die touristische Infrastruktur soll ausgebaut und der Komfort auf die Spitze getrieben werden.

Die Bevölkerung ist gespalten. Neue Arbeitsplätze, wirtschaftliche Stabilität, weniger Abwanderung erwarten sich die einen. Einen massiven Eingriff in die hochalpine Landschaft befürchten die anderen: Die Alpin- und Naturschutzvereine haben sich gegen das Projekt zusammenschlossen.

"Ich hoffe, dass wir unser wunderbares Projekt bauen können. Denn es ist ein wunderbares Angebot, das der Kunde sucht. Es sind immer drei Sache die der Kunde sucht: größe des Schigebietes, Schneesicherheit und Pisten," sagt Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden.

Als dann noch im Herbst 2019 Bilder von schweren Baumaschinen auf dem Gletschereis an die Öffentlichkeit kommen, gehen die medialen Wogen hoch. „Gletschergipfel soll für Skigebiet gesprengt werden“, heißt es in den Medien. Die Projektwerber wollen zwar nicht den Gipfel des Linken Fernerkogls sprengen, aber die eine Fläche am Grat einebnen.

"Alleine die Fläche, die hier in Anspruch genommen wird. Die liegt bei 64 Hektar, für eine einzige Schigebietserweiterung. In den Jahren 2017 und 2018 sind in allen Schigebieten Tirols gemeinsam 76 Hektar verbaut worden. Das zeigt, dass man hier vielleicht doch das rechte Augenmaß ein bisschen verloren hat," sagt Liliana Dagostin, Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz im Österreichischen Alpenverein.

Die Frage, wie stark das Projekt die Gletscherlandschaft verändern würde, soll in einer behördlichen Verhandlung zur Umweltverträglichkeit im Jänner 2020 geklärt werden. Doch dazu kommt es nicht. Die Projektwerber ziehen eine Woche vor Verhandlungstermin zurück.

„Aufgrund des fortschreitenden Gletscherrückgangs wurde festgestellt, dass sich der Ist-Zustand des Gletschers gegenüber dem Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Projektes im Jahr 2016 in einigen Teilbereichen verändert hat.“ So ihre Begründung. Eine neuerliche Begehung vor Ort im Frühjahr 2020 soll Klarheit schaffen, wie es um die Gletscherbedingungen bestellt ist.

Einen neuen Verhandlungstermin gibt es derzeit nicht

Dann kommt allerdings der März 2020 und mit ihm der erste Lockdown wegen Covid19. Das Virus bringt die Welt in den Bergen zum Stillstand. Kein Liftbetrieb, die Gäste müssen sofort abreisen und kommen erst im Frühsommer nach Lockerung der Reisewarnungen wieder.

Die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnerinnen der Gletscherehe Pitztal-Ötztal sind nicht aufgeweicht, aber die weltweite Pandemie hat die Pläne - zumindest verzögert. Einen neuen Verhandlungstermin zur Umweltverträglichkeit gibt es derzeit nicht.

Aber ganz abgeschrieben ist das Projekt deshalb nicht. Die Tourismuswirtschaft zählt vor allem auf die Wintergäste, die aus ganz Europa nach Tirol zum Skifahren kommen.

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