
ORF/JOSEPH SCHIMMER
Leporello
"Schule des Sehens" im Filmmuseum
Neben seinem regulären Programm bietet das Wiener Filmmuseum auch Projekte zur Vermittlung des Mediums Film, vor allem für Schülerinnen und Schüler. So soll eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kinos, seiner Ästhetik und seinen unterschiedlichen Ausformungen ermöglicht werden.
15. Jänner 2021, 02:00
Die "Schule des Sehens" könne gar nicht früh genug beginnen, betont Stefan Huber, Leiter der Vermittlung und Forschung im Österreichischen Filmmuseum. Er sehe sich als Moderator, der dazu animiert, die Gedanken, Beobachtungen und emotionalen Reaktionen zu dem Gesehenen zu äußern. Darauf aufbauend versuche man dann einen Dialog.
Anleitungen für kreative Experimente
Seit März muss dieser Austausch im virtuellen Raum stattfinden. Unter dem Motto "Kino als Ereignis" stehen auf der Website des Wiener Filmmuseums zwölf Anleitungen für kreative Experimente und Aktionen bereit. Sie ermöglichen spielerische, aber auch kritische Auseinandersetzungen mit Film für alle Altersstufen ab vier Jahren. Besonders wichtig sei es, jungen Menschen die Funktionsweisen der Technik näher zu bringen, meint Victoria Grinzinger, Mitarbeiterin der Vermittlung im Filmmuseum.
"Eines unserer ersten Übungsblätter wäre das Daumenkino, wo die Kinder sehen können, wie Bilder in Bewegung geraten." Man versuche ein Bewusstsein für die Bewegtbilder zu schaffen, die uns täglich umgeben, sowie ein Verständnis dafür zu schaffen, was dahintersteckt.
Den politischen Geist schärfen
Ein weiteres Online-Übungsblatt thematisiert die Geschichte des Kinos. Anhand alter Wochenschau-Berichte sollen Jugendliche Analysen verfassen und damit vor allem den politischen Geist schärfen.
"Die Wochenschauen sind aus verschiedenen politischen Kontexten: die Russische Revolution in den frühen 20er Jahren, der Austrofaschismus Mitte der 30er Jahre. Sie haben unterschiedliche filmische Formen der Darstellung ihrer eigenen Realität im Film hervorgebracht." Auch gehe es um die Frage, welche Beziehung gibt es zwischen Film und Welt, zwischen Film und Gesellschaft, so Stefan Huber.
Auch wenn man sich an neue Situationen gewöhnen muss, kann es weitergehen
"Under the Underground" ist eine Dokumentation von Angela Christlieb über die Keller-Räume des Wiener Musikers und Tontechnikers Chris Janka, der sich unterirdisch einen kreativen Mikrokosmos der Wiener Subkultur eingerichtet hat. Einer der ersten Filme, der online zu sehen war und im Rahmen der Vermittlungs-Reihe "Schule im Kino" diskutiert wurde. Vor allem über den Chat seien sehr viele interessierte Fragen und Rückmeldungen zum Film gekommen.
Hilfestellung für Lehrer/innen
Die Online-Vermittlung des Filmmuseums kann Teilnehmer im gesamten deutschsprachigen Raum erreichen. Eine große Chance, so Victoria Grinzinger. Ein besonderes Anliegen sei es zudem, Hilfestellung für Lehrerinnen und Lehrer anzubieten, indem man auch abseits der Schule Impulse setzt und Inspirationsmöglichkeiten bietet. "Es haben sich viele Lehrerinnen und Lehrer für dieses Angebot gemeldet und mit den Jugendlichen ist dann eine Diskussion zu den Filmen entstanden. Das war ein sehr schöner Moment: zu merken, dass es trotzdem weitergehen kann - auch wenn man sich an neue Situationen gewöhnen muss."
Gestaltung: Julia Baschiera