Mario Rom's Interzone

Mario Rom's Interzone - SEVERIN KOLLER

"Eternal Fiction"

Zeit und Raum vergessen in der Interzone

Livemusik trotz Lockdown: Wie das geht, macht seit Monaten das Wiener Porgy & Bess vor. Mittlerweile täglich werden Streamingkonzerte aus dem leeren Club gespielt. Und mit "Mario Rom's Interzone" steht diese Woche eine der international renommiertesten heimischen Formationen auf der Bühne. Das Trio rund um den 30-jährigen Trompeter Mario Rom begeht sein zehnjähriges Bandjubiläum und präsentiert zugleich sein neues Album "Eternal Fiction".

Sind wir real, fragt Mario Rom's Interzone gleich mit dem Titel des Album-Openers von "Eternal Fiction". Und generell ist dieses Begriffspaar Realität und Fiktion, mit seinen auch gesellschaftspolitischen Konnotationen eines, das sich quer durch das Werk des Trios zieht.

Jazz als grenzenloses Kopfkino

Bei Interzone sind es die zwei Pole, zwischen denen sich die Schwerelosigkeit der Improvisation als Fenster aufmacht, in dem es möglich werde, "dass man sich gar nicht mehr die Frage stellt, was wahr ist und was erlaubt ist und was Fiktion ist. Und dass wir immer auch in der Fiktion weiterspielen, in der wir jetzt gerade arbeiten. Nämlich, dass wir immer alles machen können", sagt Bassist Lukas Kranzelbinder, und in diesem Sinne sei das Spielen im Trio auch die schönste Möglichkeit, Raum und Zeit zu vergessen.

Hitzige Debatten werden hier in Soli ausgetragen. Oder zumindest darf jede und jeder seine eigene Geschichte hineinprojizieren, wenn etwa ein Stück den Titel "What You Say" trägt. "Das ist eine zentrale Qualität der Jazzmusik, dass sie jedem und jeder Einzelnen das eigene Kopfkino und die eigene Geschichte im Kopf ermöglicht."

Von Burroughs über Cronenberg zu Interzone

Es ist eine eigene Klangwelt, die sich das Trio in den letzten zehn Jahren gebaut hat. Die durch eine Klarheit besticht, in der Komplexes einfach klingt. Und in der sich in den Freiräumen, die sich die drei herausnehmen, doch immer auch Strukturen finden. Der Bandname bezieht sich auf den von David Cronenberg verfilmten Roman "Naked Lunch" von William S. Burroughs, dessen assoziative Erzählstruktur für die Arbeitsweise des Trios Pate stand. Und die Alben seien auch quasi wie ein Drehbuch konzipiert, sagt Schlagzeuger Herbert Pirker: "Dass man es in einem durchhört und dann wirklich ein Roadmovie dazu im Kopf hat. Wobei zuerst die Stücke da sind und dann die Geschichte dazu kommt."

Ein Drehbuch, in dem ständig alles möglich scheint, alle Richtungen offenbleiben und doch jeder Stimmungswechsel einer klaren Dramaturgie folgt. Ohne, dass sich Mario Rom, Lukas Kranzelbinder und Herbert Pirker Grenzen setzen. "Es ist eigentlich meistens so, dass Kompositionen mitgebracht werden, die wir dann gemeinsam ausarbeiten und verfeinern", sagt Rom zur Arbeitsweise des Trios und Pirker fügt hinzu: "Wir kennen uns mittlerweile so gut, dass wir eigentlich immer überall hingehen können und uns so oft auch selber überraschen."

Ein Drehbuch mit Happy End

Unterschiedliche Atmosphären wirken auf "Eternal Fiction" dabei noch feiner destilliert als auf früheren Alben. Immer wieder wird ein Ton wie ein Fragzeichen in Strukturen geworfen. Auf einen ruhig reflektierenden Schlusspart folgt ein Stück, in dem das Tempo hochgeschraubt wird. Und diese Dramaturgie zieht sich durch bis zu "Here's To Another Decade", das wie ein Happy End das Album beschließt. Das Konzert zum Jubiläum soll die zehn Bandjahre mit einer Mischung aus alten und neuen Kompositionen akustisch abstecken. Ein Blick zurück, der in der Interzone wohl zugleich auch einer nach vorne ist.

Gestaltung