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Apropos Klassik
Johann Joachim Quantz - der Flötenlehrer des Kronprinzen
Am 30. Jänner 1697 wurde in Scheden, im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg Johann Joachim Quantz geboren. Er wurde einer der Wegbereiter der modernen Traversflöte. Sein Lehrwerk "Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen: mit verschiedenen, zur Beförderung des guten Geschmacks in der praktischen Musik dienlichen Anmerkungen begleitet und mit Exempeln erläutert" (1752), war bahnbrechend für das Instrument.
1. März 2021, 02:00
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Apropos Klassik | 30 01 2021
Johann Joachim Quantz war das fünfte von sechs Kindern des Hufschmieds Andreas Quantz. Über seine Kindheit wissen wir nur wenig, bereits mit zehn Jahren ist er Vollweise. 1703 stirbt die Mutter, 1707 der Vater und vermutlich auch die Stiefmutter. Der Bub wird vom Onkel Justus Quantz aufgenommen, dem Stadtmusikus von Merseburg, und erhält ersten musikalischen Unterricht.
Auch der Organisten Johann Friedrich Kiesewetter, der Ehemann einer Cousine, nimmt sich seiner an. Als Onkel Justus stirbt, setzt dessen Nachfolger in Merseburg Johann Adolf Fleischhack, die Ausbildung des Buben fort. Mit 16 Jahren kommt er als „Geselle“ nach Radeberg, dann wird er zum Stadtpfeifer in Pirna ausgebildet. Damit bekommt er Grundkenntnisse in den gängigsten Instrumenten der Zeit: Violine, Gambe, Violoncello, Kontrabass, Flöte, Oboe, Fagott, Zink, Horn, Posaune und Klavier. Nach der abgeschlossenen Ausbildung wird er in der Stadtkappelle Dresden mit den Instrumenten Flöte und Oboe angestellt, wo er zwei Jahre als Stadtmusikus tätig ist. Dann erfolgt ein Wechsel in die polnische Kapelle Augusts II. als Oboist.
Außergewöhnlich begabt
Sein überdurchschnittliches Talent öffnet ihm die Tore in die damalige musikalische Welt Europas: 1717 geht er nach Wien und nimmt Unterricht beim Kontrapunktmeister Johann Joseph Fux sowie bei Jan Dismas Zelenka. Zurück in Dresden studiert er eifrig beim französischen Meister Pierre-Gabriel Buffardin die Querflöte, und erste Kompositionen entstehen. 1724 bricht er zu einer Studienreise nach Italien auf, und erst vier Jahre später sollte er wieder nach Dresden an den Hof zurückkommen. Die Stationen in Italien sind Rom, wo er beim Konzertmeister des Lateran, Francesco Gasparini, Kontrapunktstudien betreibt, Neapel, wo er auf Alessandro Scarlatti trifft und den damals weltberühmten Kastraten Farinelli kennenlernt. Über Venedig, wo Quantz Antonio Vivaldi hört, und Mailand geht es 1726 über Paris nach London. Dort befreundet er sich mit Georg Friedrich Händel, der ihn überreden möchte, in England zu bleiben.
Eine königliche Freundschaft mit musikalischen Folgen
Ein entscheidendes Ereignis für sein weiteres Leben ist die Anstellung als Flötist bei der Kurfürstlich-Sächsischen und Königlich-Polnischen Kapelle in Dresden im Jahre 1728. So lernt Quantz damaligen preußischen Kronprinzen Friedrich II. kennen - der Beginn einer königlichen Freundschaft mit musikalischen Folgen.
Gegen den Willen des Vaters König Wilhelm I. erteilt Quantz dem jungen Friedrich Flötenunterricht. Es ist die Anekdote überliefert, dass sich Quantz wegen eines unangekündigten Kontrollbesuches des Königs beim Kronprinzen einmal sogar im Schrank verstecken musste - die musikalischen Vorlieben des Sohnes passten so gar nicht in das Weltbild des Monarchen!
Aus dem Privatleben des Musikers ist überliefert, dass er 1737 Anna Rosina Carolina Schindler heiratet. Hier wir die Geschichte überliefet, dass sie todkrank im Bette liegend dem damals 40jährigen das Ehegelöbnis abgerungen habe. Auf wundersame Weise gesundete sie sofort darauf und war Frau Quantz. Die Ehe dürfte nicht sehr harmonisch verlaufen sein, in Berlin erzählte man sich, dass Anna Rosina ihren Mann sehr forsch behandelte. Die Verbindung blieb kinderlos.
Ein Schüler, der eben „zufällig“ auch König ist
Am 31. Mai 1740 besteigt Friedrich als Nachfolger seines verstorbenen Vaters den preußischen Thron. Der aufgeklärte Herrscher, den Künsten zugeneigt - mit Voltaire pflegt er einen regen Briefwechsel - bietet Quantz 1741 die Stelle des persönlichen Kammermusikus und Hofkomponisten an. Damit verbunden ist auch ein für die damalige Zeit außergewöhnlich hohes Honorar. Quant nimmt an.
In den Schlössern Berlin und Potsdam findet fortan täglich Flötenunterricht statt, und der Lehrer genießt als einer der Wenigen im ganzen Königreich das Privileg, den Schüler, der eben „zufällig“ auch König ist, zu kritisieren. Quantz leitet die regelmäßig stattfindenden Hauskonzerte und widmet sich dem Komponieren.
GEMEINFREI
Daneben arbeitet er auch an der Verbesserung des Instrumentes, er baut eigene Flöten und fügt eine zweite Klappe hinzu. 1752 schließlich veröffentlich Quantz das Flöten-Lehrbuch „Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen“. Darin gibt er umfassende Instruktionen für die Instrumentalausbildung, darüber hinaus finden sich aber auch profunde Aufzeichnungen über die Verzierungstechniken und die damals gängige Aufführungspraxis. Rasch verbreitete sich das Lehrwerk und wurde in mehrere europäische Sprachen übersetzt. 1780 erschien bereits eine zweite Auflage, 1783 folgte Auflage Nummer drei.
Seine Bedeutung bereits zu Lebzeiten als Komponist, Flötist, aber vor allem als Lehrer unterstreicht, dass bereits 1755 seine Autobiographie in Friedrich Wilhelm Marpurgs „Historisch-kritischen Beyträgen zur Aufnahme der Musik“ publiziert wird. 1762 verfasst Quantz selbst einen Lebenslauf auf Anfrage des Musiktheoretikers und Historikers Padre Martinis für dessen „Storia della Musica“.
Auf der Schwelle vom Spätbarock zur Frühklassik
Am 12. Juli 1773 stirbt Johann Joachim Quantz in seinem Haus in Potsdam. Zwei Tage später erfolgt die Beisetzung auf dem Friedhof vor dem Nauener Tor. Auf Befehl des Königs wir das Grab künstlerisch mit Plastiken der Gebrüder Räntz gestaltet, Friedrich veranlasst auch die Anbringung einer entsprechenden Inschrift. 1865 wurde Quantz auf den „Alten Friedhof“ in der Teltower Vorstadt umgebettet.
Johann Joachim Quantz komponiert rund dreihundert Flötenkonzerte, fast zweihundert Solosonaten für Flöte, 45 Triosonaten, Flötensoli, Duette und Trios, neun Hornkonzerte sowie einige Gesangsstücke. Stilistisch steht seine Musik auf der Schwelle vom Spätbarock zur Frühklassik. Zweifelsfrei hat die außergewöhnlich intensive rege Reisetätigkeit Quantz, seine Kenntnis der damals gängigen Stile und Moden in den wichtigsten europäischen Musikzentren und der persönliche Kontakt mit den auch heute noch gültigen Größen der damaligen Zeit zur Ausprägung von hoher handwerklicher Qualität im besten Sinne des Wortes beigetragen.