Der Schatten von Händen über dem Kopf eines Kindes.

DPA/PATRICK PLEUL

Hörbilder

Die Akte Walfried Janka

Der Kampf des ehemaligen Pflegekindes um Gerechtigkeit.

Walfried Janka hat sich ein bescheidenes Idyll geschaffen: kleines Haus, großer Garten, selbst gebauter Swimmingpool. Er hat eine Frau und zwei Kinder - eine erstaunliche Leistung für einen Mann, der eine ungewöhnliche Leidensgeschichte hinter sich hat.

Walfried Janka kommt 1966 im steirischen Bezirk Leibnitz zur Welt. Weil seine Mutter nicht volljährig ist und für ihn nicht sorgen kann, bringt das Jugendamt den Säugling bei einer Pflegemutter unter - bei einer Frau, die wegen der Ermordung ihres eigenen Babys bereits eine Haftstrafe verbüßt hatte. Das Jugendamt weist dieser Frau mehrere Kinder zur Pflege und Erziehung zu. Die sadistische Pflegemutter verprügelt ihre Kinder und gibt ihnen wenig zu essen. Sie fesselt Walfried in der Nacht ans Bett, damit er sich nicht heimlich aus dem Kühlschrank bedient, und sie hetzt ihren Hund auf den Buben.

Sonderschule, Psychiatrie, Haft

Bei Dutzenden angemeldeten Kontrollbesuchen des Jugendamts hat die Fürsorgerin nichts zu beanstanden, die Behörde ignoriert auch Beschwerden der Nachbarn. Walfried Janka hatte in der Schule keine Chance. Der traumatisierte Bub kommt in die Sonderschule und landet in der Psychiatrie. "Geistige Behinderung" lautete seine Diagnose. Man steckt Walfried in eine Anstalt für geistig schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche in Graz. Dort wird er vom Pflegepersonal misshandelt - von Ordensschwestern. In den Ferien schickt man ihn zur Pflegemutter.

Walfried verbringt sechs Jahre in der Anstalt. Erst dann bemerkt ein Psychiater, dass der Jugendliche nicht behindert und in der Heilpädagogischen Station fehl am Platz ist. Ein engagierter Pfleger adoptiert Walfried, der mit 16 Jahren kaum lesen und schreiben kann. Lang hält das Idyll nicht. Walfried ertränkt seine Albträume und Minderwertigkeitsgefühle im Alkohol und geht nach Wien. Er hat keine Arbeit, keine Freundin und landet auf der Straße, wo er vom Opfer zum Täter wird: Für ein Gewaltdelikt verurteilt ihn ein Richter zu 16 Jahren Gefängnis, Walfried kommt in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Während seiner Haft holt er Bildung nach.

Seiten im Akt, die die Landesbehörde belasten, verschwinden

Nach Verbüßung seiner Strafe versucht Walfried Janka beruflich Fuß zu fassen. Er heiratet, setzt sich mit seiner Kindheit auseinander und liest seine Jugendamtsakte. Als ihm bewusst wird, dass seine Pflegemutter eine Kindesmörderin war, fordert er Genugtuung und klagt das Land Steiermark. Plötzlich verschwinden Seiten im Akt, die die Landesbehörde belasten. Außerdem weist das Land Steiermark die Amtshaftungsklage wegen Verjährung zurück. Abgelehnt wird auch Jankas Antrag beim Sozialministerium auf Gewährung von Hilfeleistung nach dem Verbrechensopfergesetz.

Hartnäckig kämpft Walfried Janka weiter für Kompensation für das Unrecht, das ihm widerfahren ist und das sein Leben geprägt hat. Doch wenn er über sein Schicksal erzählt, biegt er sich einiges zurecht. Bei der Erziehung seiner Kinder bekommt er Probleme mit einer Behörde, die bei ihm selbst sträflich versagt hat - mit dem Jugendamt.

Gestaltung