Yoga-Session

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Tao

Yoga - Zwischen Lebensphilosophie und Fitness

Unterschiedlichen Studien zufolge praktizieren mittlerweile rund dreihundert Millionen Menschen weltweit Yoga. Das Ziel: Entspannung, innere Balance und körperliches Wohlbefinden. Doch Yoga ist weit mehr als ein zur-Ruhe-kommen - seine Geschichte ist nicht nur eine des Erfolgs.

Ursprünglich als indischer Erlösungsweg entwickelt, hat(te) Yoga das Ziel einen Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburt zu ermöglichen. Der moderne Yoga, wie er heute vielfach praktiziert wird, hat damit oft nur mehr wenig zu tun, wie etwa der Yoga-Lehrer Hannes Hochmeister erklärt: „Der moderne Yoga hat sich sozusagen auf diese leicht übbaren Bereiche kapriziert und (…) wird wahrscheinlich auch eine Bedeutungsumwandlung erfahren haben.“

Dies liegt auch daran, dass Hatha-Yoga - ein Überbegriff aller körperlich orientierten Yogastile - heute weit mehr praktiziert wird als die meditativen Yogarichtungen. Der moderne Yoga hat damit nur einen Teil der ursprünglichen Lebensphilosophie übernommen. Gleichzeitig wurde eine große Vielfalt an Stilen innerhalb des Hatha-Yoga entwickelt.

Paar praktiziert Yoga

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Von Entspannung bis Heavy Metal

Wie Kirstin Breitenfellner, Yoga-Lehrerin und Autorin eines philosophischen Yoga ABCs „Was ist Yoga?“ erklärt, lassen sich heute grob drei Richtungen des Yoga unterscheiden: „Es gibt diese sportlichen und kraftvollen Stile, die sich zum Teil gar nicht so sehr vom Leistungssport unterscheiden, (…) ebenso wie sanfteren Yogastile und medizinische Stile.“

„Es gibt zum Beispiel Doga, das ist Yoga mit Hunden, wo man mit dem Haustier übt. Es gibt Wein-Yoga, wo man in der Yoga-Stunde Wein trinkt."

Während eine große Vielfalt an Stilen innerhalb des Yoga schon in der Vormoderne üblich war, zeigt sich speziell im modernen Yoga die Entwicklung sogenannter Marken-Yoga, sagt Borayin Larios, Wissenschaftler am Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde an der Universität Wien: „Es gibt zum Beispiel Doga, das ist Yoga mit Hunden, wo man seinen kleinen Hund mit in die Yoga-Stunde nimmt und dann mit dem Haustier übt. Es gibt Wein-Yoga, wo man in der Yoga-Stunde Wein trinkt, es gibt Hard-Metal-Yoga.“

Wie viel derartige Neuentwicklungen noch mit dem ursprünglichen Yoga zu tun haben, ist innerhalb der Yoga-Szene durchaus umstritten. Borayin Larios betont, dass man in diesem Kontext verstehen muss, dass „zumindest modernes Yoga - auch eine globale, transkulturelle Entwicklung ist und ein Phänomen, das eben nicht nur auf eine Quelle zurückgeht, sondern ein Zusammenkommen von unterschiedlichen Prozessen und Elementen ist, das sehr unterschiedliche Formen annehmen kann.“

Negativschlagzeilen: Missbrauch und Instrumentalisierung

Die Erfolgsgeschichte des Yoga kennt auch Schattenseiten: immer wieder ist von sexuellem Missbrauch die Rede. Große Machtdifferenzen werden als eine Ursache hierfür genannt. Und so entstehen immer mehr Netzwerke, die versuchen derartige schädliche Strukturen zu überwinden, indem Autorität neu gedacht wird.

Negativschlagzeilen machte Yoga zuletzt im Westen aber auch dadurch, dass einige Yogalehrende und Praktizierende auf Anti-Coronamaßnahmen-Demonstrationen auftraten. Manche von ihnen mit Verbindungen zur rechten Szene. Ein Grund für diese - für viele unerwartete - Verbindung ist der Umstand, dass Yoga im Westen immer stark mit einer Gegenkultur verbunden war, die bestehende Ordnungen und Autoritäten hinterfragt, sagt Borayin Larios. Wie er betont betreffen diese Entwicklung nur einen Teil der Yoga-Szene.

"Yoga ist für viele Menschen eine Form religiöser Praxis - nach der Religion.“

Weil das moderne Yoga nur einen Teil des indischen philosophischen Konzepts übernommen hat, stellt sich die Frage wie viel Spiritualität noch in ihm steckt. Für den Religionswissenschafter und Yoga-Lehrer Karl Baier zeigt sich: „Auch wenn die Yoga-Praxis nicht explizit religiöse Inhalte vermittelt, hat sie eine religionsähnliche Funktion. Und ist sozusagen für viele Menschen eine Form religiöser Praxis - nach der Religion.“

Yoga entspricht so zwar nicht dem klassischen Verständnis von Religion, nimmt aber im Leben vieler Menschen genau jenen Platz ein, den früher Religionen hatten. Das Attraktive scheint hierbei die Tatsache zu sein, dass Yoga religiöse Erfahrungen auch ohne Institution und ohne religiöse Autorität ermöglicht. Was genau Spiritualität hierbei ausmacht, kann je nach Person höchst unterschiedlich sein.

Ein Blick auf die Trends und Entwicklungen des modernen Yoga lohnt sich nicht nur aufgrund der unglaublichen Vielfalt, die sich hier zeigt. Faszinierend sind diese Trends auch, weil sich darin menschliche Bedürfnisse und Sehnsüchte zeigen.

Gestaltung: Irene Klissenbauer

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