Sadhu im Yogasitz

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Tao

Indische Tradition und globaler Trend

"Tao"-Zweiteiler über Yoga und seine spirituellen Wurzeln.

Loslassen im Lotussitz - Yoga gilt längst als etablierte Massenbewegung. Beispielsweise praktizieren in Deutschland mittlerweile knapp zehn Millionen Menschen häufig oder ab und zu Yoga. Und seit einiger Zeit beschäftigt sich auch die Wissenschaft intensiver mit diesem Phänomen.

Der Begriff Yoga kommt aus der altindischen Sprache Sanskrit und hat dort viele Bedeutungen, etwa "verbinden" oder "konzentrieren". Wie weit die Wurzeln der indischen Meditations- und Körperübungspraxis zurückreichen, kann nur vermutet werden.

Schicksal selbstbestimmt

Es wird aber davon ausgegangen, dass schon vor ungefähr 2.500 Jahren erste Formen des Yoga im östlichen Ganges-Becken in Indien entstanden sind. In dieser Zeit und in dieser Region haben sich auch - einstmals oder immer noch - große Religionen wie der Buddhismus oder der Jainismus entwickelt, die die Reinkarnation propagieren.

"Alle teilen sie die Vorstellung, dass das Schicksal des Menschen durch seine Handlungen in diesem und in den folgenden Leben bestimmt wird", erklärt Philipp Maas, Indologe an der Universität Leipzig und einer der renommiertesten Yoga-Forscher Europas. Es waren hauptsächlich männliche Asketen, die bestimmte Meditationsformen nutzten, um sich aus dem leidhaften Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien. Das Wort Yoga tritt erstmals in buddhistischen Texten auf. Erst später sei es zu einer Verschmelzung zwischen diesen Vorstellungen und der vedischen Religion gekommen, in der die sogenannten Hindu-Traditionen wurzeln, so Maas.

Patanjali - Grundlage des klassischen Yoga

Die alten Yogatexte, die sogenannten Yogasutras, werden heute als Grundlage des traditionellen oder klassischen Yoga aufgefasst. Sie wurden im 4./5. Jahrhundert von einem großen indischen Philosophen namens Patanjali aufgeschrieben. In seinem Werk geht es um Meditationstechniken und verschiedene Stufen, wie ein Mensch Befreiung aus dem Wiedergeburtenkreislauf erlangen kann.

Die konkreten dynamischen Körperübungen, mit denen Yoga heute fast ausschließlich assoziiert wird, haben sich vermutlich erst später herausgebildet. Seit Patanjali hat sich Yoga immer wieder verändert und weiterentwickelt, neue Einflüsse aufgenommen. "In irgendeiner Form hat Yoga in Indien aber kontinuierlich eine Rolle gespielt", so Philipp Maas. Und in Ansätzen seien die alten Praktiken auch heute noch in den sogenannten Asanas, den verschiedenen Körperhaltungen, erhalten geblieben.

Yoga-Pose

AP/VICTORIA JONES

Von Vivekananda für den Westen adaptiert

Der moderne Yoga, wie er heute in unzähligen Studios unterrichtet wird, hat zwar durchaus seine Wurzeln in der indischen Philosophie und in religiösen, spirituellen Praktiken, aber es vermischen sich damit mittlerweile viel mehr Einflüsse, unter anderem jene der modernen Gymnastik. In den sogenannten Westen ist Yoga durch den indischen Mönch Swami Vivekananda gekommen, der in den USA Ende des 19. Jahrhunderts seine Vision des Yoga, eine westlich adaptierte, vorgestellt hat. Danach ist diese Form schnell populär geworden - auch in Österreich. Die erste Yogawelle hat vor allem Wien bereits um 1880 erreicht - diese erste Phase erstreckte sich bis 1914.

Heute, mehr als 100 Jahre später, ist Yoga ein globales Massenphänomen geworden. Philipp Maas hält nichts von überzogener Kritik an heutigen, unterschiedlichsten Yoga-Stilen und -Strömungen: "Yoga hat sich immer verändert, deshalb kann man nicht von dem authentischen Yoga, der seit Tausenden von Jahren praktiziert wird, sprechen." Auch neue Stile hätten seiner Meinung nach ihre Berechtigung.

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