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Courtesy die Künstlerin
Geistervölker
Ines Doujak in der Kunsthalle
Eine Corona-Ausstellung, die keine ist - so könnte man die neue Ausstellung "Geistervölker" der österreichischen Künstlerin Ines Doujak in der Kunsthalle Wien bezeichnen. Denn Pandemien sind auch Teil der Schau, beziehungsweise schon seit längerem Thema in Doujaks Werk.
1. November 2021, 02:00
Die bildende Künstlerin erforscht in ihrer Arbeit die Ursachen und globalen Zusammenhänge hinter solchen Entwicklungen. Daneben beschäftigen sie auch Geschlechterrollen sowie Rassismus und Kolonialismus. In ihrer multidimensionalen Praxis setzt sich Ines Doujak zudem stetig mit der Ausbeutung der Umwelt und den Folgen daraus auseinander. Zuletzt war sie mit der Ausstellung "Landschaftsmalerei" im Zuge der Vienna Biennale for Change im Kunst Haus Wien zu Gast, bei der Landraub im Fokus stand. In der Kunsthalle ist ihr jetzt eine Einzelausstellung gewidmet, kuratiert vom Leitungsteam des Museums "What, How and for Whom".
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Ines Doujak, Geistervölker, 2021
Ines Doujak, Geistervölker (2021), Courtesy die Künstlerin
Sie erwarten einen schon, wenn man den Eingangsbereich der Kunsthalle betritt. Die grotesken, bunten und detailreichen Collagen der Künstlerin Ines Doujak. Zusammengestellt aus botanischen Bildern und Ausschnitten aus medizinischen Büchern aus dem 19. Jahrhundert. Darin werden Hautkrankheiten beschrieben und abgebildet, was für die Künstlerin "ausgesprochen karnevaleske Körper sind, Körper, die ihre Grenzen durch Auswüchse oder Öffnungen überschreiten". Das war der Ausgangspunkt der Reihe. Dazu kamen Überlegungen zum Verhältnis verschiedener Gattungen untereinander und die Frage: Was ist ein Mensch, ein Tier, eine Pflanze?
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KUNSTHALLE WIEN
Ines Doujak, Geisterhaus, 2021
Auf der Suche nach möglichen Allianzen zwischen diesen Gattungen kreiert Ines Doujak so eine Fledermaus mit menschlichem Gesicht, Körper, die mit riesigen Schnecken und Tierknochen verschmelzen oder ein farbenprächtiges Blumengesteck, inmitten dessen sich erst beim genauen Hinsehen ein Kind mit Hautkrankheit offenbart. Im Zentrum der Ausstellung sind nun manche dieser Collagen auch als dreidimensionale, skulpturale Arbeiten zu erleben.
Geistervölker
Diese Arbeitsserie, die Ines Doujak 2016 begonnen hat, ist auch titelgebend für die aktuelle Ausstellung: Geistervölker, ein Begriff, den sie aus der Anthropologie entlehnt hat und der Zivilisationen beschreibt, von denen man nur wenige Überreste, wie beispielsweise einzelne Knochen findet. Das reicht nicht aus, um Rückschlüsse auf ihre Lebensweise, Ernährung oder Sozietät zu ziehen. Ein Schicksal, von dem die Künstlerin hofft, dass es uns nicht auch bald ereilt.
Eine Sorge, die nicht ganz unbegründet scheint, wenn man sich den aktuellen Zustand der Welt anschaut, allen voran die Corona-Pandemie und die Klimakrise. Ines Duojaks Arbeiten sind Kommentare auf die vielen Verbindungen zwischen diesen und anderen Problemen unserer Zeit. Den Arbeiten der Künstlerin geht dabei eine intensive Recherche- und Forschungstätigkeit voraus. Die gewonnenen Erkenntnisse übersetzt sie dann in ihre Werke und verschiedenste Medien.
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Ines Doujak, Geistervöker, 2016-heute (Ausschnitt)
Courtesy die Künstlerin
Menschen durch Kunst animieren
Dabei möchte sie jedoch nicht, wie sie sagt, mit dem Vorschlaghammer argumentieren. Viel eher ist die Künstlerin der Meinung, dass man dem Publikum die Möglichkeit geben sollte, die verschiedensten Facetten einer Thematik zu betrachten, aufgrund derer man sich dann eine eigene Meinung bilden kann. Dafür brauche es eine Komplexität und eine Subtilität in Kunstwerken, "um die Leute zu animieren, zu aktivieren, in Bewegung zu bringen", so Doujak.
Besonders auf die Vermittlung von Fakten fokussiert ist dabei eine Reihe an Podcasts, die die aktuelle Ausstellung begleitet. Darin konzentriert sich Ines Doujak und ihr Kollege John Barker immer auf eine Facette von Pandemien: die Impfung, soziale Klasse oder Fleischkonsum. Neben der textlichen Aufbereitung von Fakten sind auch Künstlerinnen und Künstler eingeladen, die Texte zu performen und zu vertonen.
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KUNSTHALLE WIEN
Ines Doujak, Boutique, 2012-heute
Die Konsumwelt und ihre Schattenseiten
Ganz konträr dazu gestalten sich die bunten und visuell reizvollen Arbeiten von Ines Doujak. Wie beispielsweise die Skulptur "Bauhütte". Ein meterhoher, kegelförmiger Turm, gebaut aus den Verpackungen bekannter und beliebter Konsumgüter wie Bier, Süßigkeiten oder Spielkonsolen. Fragen zu Konsum und seinen Folgen stellen auch die textilen Arbeiten von Doujak, die ebenfalls in der Ausstellung vertreten sind. Nach jahrelanger Forschung zu Textilien, Färbeprozessen und Arbeitskämpfen in der Branche hat sie beschlossen, in das eigentliche Medium zu gehen.
Das Ziel war es nicht mehr nur archivarische, intellektuelle Arbeit zu leisten, sondern "zu schauen, was passiert, wenn bestimmte Inhalte auf dem Medium abgebildet sind, über das man spricht". Durch Drucke auf den Kleidungsstücken thematisiert die Künstlerin beispielsweise Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch sowie die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie.
Mit dem Rattenfänger ins Museum
Optisch weniger ansprechend ist unterdessen eine überdimensionierte, mumifizierte Ratte. Ihr wird eine spezielle Aufgabe im öffentlichen Raum zu Teil, denn die Skulptur ist beweglich. Sie wird in den nächsten Wochen gemeinsam mit einem Fahnenträger und begleitet von Musik aus den Podcasts durch das Museumsquartier und auf der Mariahilfer Straße unterwegs sein.
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Ines Doujak, Ähnlich und doch nicht, 2021
Courtesy die Künstlerin
Mit der Aktion möchte die Künstlerin eine dezidierte Einladung ins Museum aussprechen, denn was wir in den letzten zwei Jahren erlebt haben, war, so Doujak "eine massive Vereinzelung". Es gehe also darum, nicht nur solidarisch zu sein, indem man niemanden mehr trifft, sondern sich zukünftig neue Formen des Zusammenkommens zu überlegen. Um das zu ermöglichen und Austausch anzuregen wird es deshalb jeden Dienstagabend im Oktober live Performances der Podcasts in den Ausstellungsräumlichkeiten geben.
Service
Kunsthalle Wien - Ines Doujak. Geistervölker, bis zum 16. Jänner 2022
Gestaltung
- Julia Sahlender