Sebastian Breit - BEN MORRISON
Ö1 Talentebörse
Sebastian Breit, Oboe
Sebastian Breit, geboren am 26. Jänner 1998, begann seine musikalische Ausbildung im Alter von 6 Jahren und sein Oboenspiel mit 8 bei Peter Mayrhofer. Von 2015 bis 2017 war er im Vorbereitungslehrgang an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, seit dem Wintersemester 2017 studiert er Oboe Konzertfach in der Klasse von Univ.-Prof. Harald Hörth. Seit September 2019 ist er als Solooboist der Wiener Staatsoper/Wiener Philharmoniker engagiert.
29. Oktober 2021, 10:33
Geboren: 1998 in Wien
Aktuelles Studium: Oboe Konzertfach, bei Univ.-Prof. Harald Hörth, MDW
Mein größter Erfolg: erfolgreiches Probespiel in der Wiener Staatsoper/Wiener Philharmoniker
Was ist Kunst?
Ich hoffe Sie verlangen jetzt nicht, einen allgemeingültigen Lexikoneintrag über Kunst von mir zu bekommen! Was alle Kunstformen vielleicht vereint, ist, dass Kunst immer mehr ist als rational betrachtet vielleicht notwendig ist. Große Kunst besteht oft aus sehr vielen Details, wo man aus ökonomischer Sicht sagen könnte „ist das jetzt wirklich notwendig, merkt eh keiner“, aber gerade diese Details machen die wirklich interessanten Dinge aus. Speziell wir Musiker sind viele Stunden damit beschäftigt, solche Details auszufeilen, die die meisten Menschen nicht bewusst hören können, und selbst wenn diese Details nicht immer ankommen, merkt dann doch jeder, dass das wirklich gut gespielt ist, ohne benennen zu können, woran es genau liegt.
Abgesehen davon ist Kunst eigentlich immer eine Mischung von geistigen Überlegungen und einer körperlichen Ausführung, und ist daher von sich aus ein äußerst kreativer, schaffender Prozess. Außerdem ist Kunst etwas zutiefst menschliches, die genau an der Schnittstelle zwischen rationalem Denken und reiner Emotion entsteht.
Ich bin ein Vollblut-Musiker, sozial schüchtern aber umgänglich und gewissenhaft. Ich versuche meine künstlerische Berufung mit meinem sozialen Umfeld und meinen Verpflichtungen zu vereinbaren.
Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Ich wurde in eine Musikerfamilie geboren und war immer umgeben von Musik, daher war Musizieren für mich normal. Zusätzlich war für mich von Anfang an die Faszination da, wenn ich etwas gehört habe was mich begeistert hat, es selbst machen zu wollen. So bin ich auch zu meinem ersten Instrument gekommen.
Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?
Alles drei, finde ich. Obwohl ich wollen und müssen immer als etwas sehr Ähnliches gesehen habe, als inneren Zwang, der es einem vorgibt, bestimmte Dinge tun zu müssen – in meinem Fall, musizieren zu müssen. Ohne Können lässt es sich natürlich auch nicht auf einem befriedigenden Level ausführen, aber dieser innere Zwang zum Musizieren ist sicherlich das Ausschlaggebendere. Ich kann mich auch auf Instrumenten, die ich nur unzulänglich beherrsche, der Musik hingeben.
Wo würden Sie am liebsten auftreten?
Mit dieser Frage habe ich mich in meinem Studium ehrlich gesagt nie befasst. Ich bin in Wien aufgewachsen und durfte durch meine Ausbildung schon öfters im Musikverein spielen und habe mir nie etwas anderes gewünscht. Erst durch meine Orchestertätigkeit bin ich draufgekommen, dass es auch andere Säle in der Welt gibt, die wirklich großartig zu bespielen sind, wie z.B. die Suntory Hall in Tokyo oder der Concertgebouw in Amsterdam. Allerdings kommt es sehr auf den Rahmen an – für Kammermusik bin ich ein großer Fan vom Mozart- und Schubert-Saal im Wiener Konzerthaus.
Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?
Ich arbeite gern mit allen guten und interessanten Musikern zusammen. Ich habe mir das früher auch nie überlegt, sondern war immer froh, neue Menschen kennenzulernen. Man weiß ja nie vorher, wer wirklich gut ist oder aus welcher Zusammenarbeit man viel lernen kann. Ich hatte natürlich meine Vorbilder, wie z.B. Clemens Horak oder Matthias Schorn, hätte aber als Schüler nie zu träumen gewagt, dass ich eines Tages tatsächlich regelmäßig mit ihnen zusammenarbeiten würde können.
Wie viel Markt verträgt die Kunst?
Ein wesentlicher Bestandteil von Kunst ist ja das Publikum, insofern fließt in jedes künstlerische Projekt unweigerlich eine Marktdynamik ein, allein über Werbung oder Selbstwerbung. Im Orchesterbetrieb vergisst man das gerne, weil sich ja fast immer jemand anderes darum kümmert. So fällt einem oft nicht auf, wie viel Arbeit dahintersteht. Das ist also (leider) immer ein notwendiger Bestandteil, es sollte meiner Meinung nach möglichst wenig Einfluss auf die Kunst als solche haben, da hier inhaltliche, stilistische und dramaturgische Überlegungen die wichtigen sind.
Und wie viel Kunst verträgt der Markt?
Kunst ist ein zutiefst menschliches Unterfangen und für fast alle in irgendeiner Form überlebenswichtig. In welcher Form man seinem Kunstgenuss nachsinnt, ist natürlich stark individuell, aber für Kunst im Allgemeinen wird es immer einen großen Markt geben. In welche Nischen der sich dann aufspaltet, vermag ich nicht zu sagen. Mein Bestreben ist es, die Kunstformen, die mich besonders ansprechen, so zu fördern, dass es sie auch weiterhin geben kann, selbst wenn sie vielleicht nicht so massentauglich sind.
Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Realistischerweise für Nahrungsmittel, in einem Post-apokalyptischen Szenario vielleicht aber auch für ein Instrument, damit hat man in der Einsamkeit wohl noch am meisten Freude. In dem meisten Szenarien dazwischen vermutlich Rohrbaugeräte und -Werkzeug.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Hoffentlich weiter in „meinem“ Orchester und mit reger Kammermusik-Tätigkeit und ein bisschen Solistischem nebenher. Vielleicht finde ich in der Freizeit ja auch jemanden für Volksmusik oder Wiener Lieder…
Haben Sie einen Plan B?
Ich singe, spiele Steirische Harmonika und gelegentlich auch Mundharmonika. Außerdem hatte ich schon immer ein ausgeprägtes Interesse für Naturwissenschaft und Mathematik. Leider kann ich nichts davon gut genug, um mir damit tatsächlich ein Standbein aufzubauen, aber ich hätte schon breit gefächerte Interessen. Ich spiele übrigens unter anderem auch Oboe, weil ich mir dadurch die Entscheidung ersparte, was ich denn nach der Matura machen wolle, das konnte ich halt schon am besten.
Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?
Das kann ich ehrlich gesagt nicht konkret beantworten, ich falle selten unangenehm auf und versuche generell mit allen Menschen auf ihrer Ebene zu harmonieren. Das heißt allerdings nicht, dass ich nicht gelegentlich für meine Überzeugungen aufstehe, in dem Kontext könnte das mir wohl am Wahrscheinlichsten zuletzt passiert sein.
Wollen Sie die Welt verändern?
Ich will Musik machen. Allerdings gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass ich dadurch auch etwas bewegen kann. Abgesehen davon bin ich mir auch der Macht, die mit einer gewissen Position oder sozio-ökonomischem Status kommt, bewusst und versuche diese umsichtig einzusetzen.