Arbeitende Frau in Russland

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Betrifft: Geschichte

Im Schweiße ihres Angesichts

Frauen haben immer gearbeitet, sowohl im Haushalt als auch außerhalb des Hauses. Trotzdem beherrschen Vorstellungen von Zeiten, in denen Frauen nur für die Reproduktion im Haushalt, für die Versorgung der Familie und die Erziehung der Kinder zuständig gewesen wären den öffentlichen Diskurs.

Frauen haben "früher" keine nennenswerte Erwerbsarbeit geleistet - dies ist eine verbreitete Sichtweise, die von der historischen Ausnahmesituation der Wirtschaftswunderjahre der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgeht. Doch entsprach es in den vergangenen Jahrhunderten keineswegs der Norm, dass die Frau "nur" Zuhause tätig war und allein der Mann erwerbstätig. Beide Geschlechter verrichteten ihre Arbeit in einer Vielfalt von Bereichen: in Fabriken, in Betrieben, die mit dem eigenen Haushalt verbunden waren, in fremden Haushalten, aber auch in Ämtern und Büros. Doch wurden und werden Arbeiten und Verantwortlichkeiten damals wie auch heute noch nach sozialer Schicht und Geschlecht zugewiesen.

Alles ist Arbeit

in der Frühen Neuzeit war der Haushalt die Basis von Landwirtschaft, Gewerbe und Handel. Der Haushalt war mehr als der Ort unbezahlter reproduktive Arbeit. Frauen sowohl als Männer, Mädchen und Buben haben innerhalb der Einheit eines Haushaltes sehr viele unterschiedliche Tätigkeiten erledigt: die Kindererziehung, Alten- und Krankenpflege, unbezahlte Arbeit für den Markt, aber auch Arbeit für Lohn und vieles andere. Ob am Land, auf einem Bauernhof oder in einer handwerklichen Werkstätte in der Stadt. Alle Mitglieder haben zum Haushaltseinkommen beigetragen. Im Verständnis des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit wurden alle diese Bereiche als Arbeit angesehen.

Die Vorstellung eines bürgerlichen Familien-Ideals

Die traditionelle und wirkmächtige Vorstellung davon, dass die Frau ins Haus gehöre und sich exklusiv um Haushalt und Kinder kümmern solle, während der Mann der Erwerbsarbeit außer Haus nachgeht, ist ein Produkt des späten 18. und 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit wurde in Konversationslexikon populären und gelehrten Schriften propagiert, dass eine solche Arbeitsteilung naturgemäß sei, weil sie den jeweiligen Charakteren von Männern und Frauen entspreche.

Ein wichtiger Aspekt für die Umdeutungen der Geschlechterverhältnisse ist der Aufstieg des Bürgertums in dieser Zeit. In frühneuzeitlichen landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieben gab es wohl eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Niemand wäre aber auf die Idee gekommen, dass die Frau als Teil des Ehe- und Arbeitstages nicht arbeiten würde. In der bürgerlichen Familie des 19. Jahrhunderts ging der Mann außerhalb des Haushalts einer Erwerbstätigkeit nach. Gelderwerb und Konsum waren damit voneinander getrennt. Die reproduktive Arbeit wurde nicht mehr als Arbeit betrachtet. Solche Geschlechterordnung hatten Konsequenzen für die Ausbildung und beruflichen Möglichkeiten von Frauen und Mädchen. Bildung zielte vor allem darauf ab, Frauen auf Haushalt, Ehe und Familie vorzubereiten.

Frauenarbeit im Nationalsozialismus

Reichsarbeitsdienst, Frau mit Axt

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Eine junge Frau verrichtet den Reichsarbeitsdienst im Nationalsozialismus.

Nach der Machtübernahme Hitlers kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung durch staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Heiratswillige Paare erhielten günstige Ehestand Darlehen, wenn die Frauen nach der Eheschließung ihren Arbeitsplatz aufgaben. Frauen im öffentlichen Dienst mussten ihren Posten aufgeben, wenn sie einen Mann heirateten, der ebenfalls dort tätig war. Die Verdrängung von Frauen aus der Erwerbsarbeit war dennoch kein Ziel nationalsozialistischer Arbeitsmarktpolitik. Eher ging es um eine Disqualifizierung. So wurden studierte Juristinnen ab 1936 nicht mehr als Richterinnen, Staats oder Rechtsanwältinnen zugelassen. Für alle Studienrichtungen wurde der Frauenanteil auf maximal 10 Prozent beschränkt.

Neue Arbeitsfelder für Frauen ergaben sich durch die Industrialisierung allerdings mit einer klaren geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung. Mehr junge Männer als Frauen machten Lehrabschlüsse. Den wachsenden Bedarf an ungelernten Arbeitskräften deckten dann Frauen ab. Neue Berufe für Frauen entstanden auch durch die verstärkte nationalsozialistische Verfolgung. So zynisch das auch klingen mag, so wurde etwa eine weibliche Kriminalpolizei forciert. Frauen konnten auch ohne Ausbildung als KZ Aufseherinnen arbeiten.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lag der Frauenanteil an der Erwerbsbevölkerung bei gut einem Drittel. Im vorletzten Kriegsjahr machten sie schon etwas mehr als die Hälfte aus. Frauen verdienten in allen Bereichen weniger als Männer. Gerechtfertigt durch die angeblich geringere Leistungsfähigkeit. Ab 1939 wurde der bisher nur für junge Männer gültige Reichsarbeitsdienst auch für Frauen verpflichtend. Sie wurden vorwiegend in der Landwirtschaft, später auch als Wehrmacht Helferinnen eingesetzt.

Die Zeit des Wirtschaftswunders

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag zunächst die Infrastruktur darnieder. Im Laufe der 1960er Jahre kam es aber zu einem deutlichen Wirtschaftsaufschwung, auch begünstigt durch Unterstützung von außen, etwa den Marshallplan. Dieser Aufschwung äußerte sich in Vollbeschäftigung und einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts. Realeinkommen und Privat Verbrauch stiegen in nie dagewesener Weise. Wohlstand und neue Formen des Konsums waren die Folge.

Obwohl der Mann in Österreich bis 1975 das gesetzliche Familienoberhaupt war und seiner Ehefrau verbieten konnte eine Erwerbsarbeit zu ergreifen, zeigen Statistiken dieser Zeit, dass sich Frauen nicht stärker auf Haushalt und Familie beschränkten.

Die Frauen-Beschäftigung in Österreich war im internationalen Vergleich relativ hoch. Auch das Bildungsniveau österreichischer Frauen stieg. Hatten 1951 knapp unter 30 Prozent der Frauen Matura, so waren es 1961 mehr als ein Drittel. Der Anteil der Frauen mit Hochschulausbildung erhöhte sich von 12 auf 16 Prozent. Laut der Volkszählung von 1961 war ein Viertel der Frauen in der Industrie, knapp ein Drittel in Land und Forstwirtschaft und etwa 43 Prozent im Dienstleistungssektor beschäftigt. Im Vergleich mit früheren Zählungen heißt das ein deutlich sinkender Anteil von Frauen in der Landwirtschaft. Steigende Anteile in Industrie und verarbeitenden Gewerbe sowie noch stärker steigende Anteile bei den Dienstleistungen.

Mit der Ölkrise des Jahres 1973 begann ein massiver Konjunktureinbruch. So endete eine Periode, die eine historische Ausnahmeerscheinung war. Ungeachtet der verbreiteten Vorstellung einer innerfamiliären Arbeitsteilung zwischen Familien, Erhalter und nur Hausfrau, die durch die Vollbeschäftigung auch möglich war, beobachten wir in dieser Periode auch eine Aufwertung der Frauen, steigende Beschäftigung und Bildung sowie eine steigende Akzeptanz für Frauen in Erwerbstätigkeit.

Frau vor Monitor, greift sich an Schulter und Nacken

APA/BARBARA GINDL

Frauen arbeiten mehr als je zuvor

In den meisten westlichen Industrieländern verbringen Frauen aktuell mehr Zeit ihres Erwachsenenlebens auf dem Arbeitsmarkt als jemals zuvor. In Österreich etwa ist die Erwerbsquote bei Frauen auf 71 Prozent angewachsen. Das ändert aber nichts daran, dass Frauen weiterhin im großen Umfang unentgeltliche Arbeit in der Reproduktion leisten, die letzten Endes unersetzlich für die kapitalistische Produktion ist. Hausarbeit, Kindererziehung und Pflege sind immer noch überwiegend ein Bereich von Ehefrauen und Müttern, wie man aktuell bei Homeschooling und Homeoffice in der Pandemie sehen konnte.

Schatten einer Frau und Kinder

APA/DPA/PETER KNEFFEL

Die Arbeit von Männern ist seit der Zeit des Wirtschaftswunders durch ein sogenanntes Normalarbeitsverhältnis geprägt. Dadurch wird das Verhältnis zwischen Erwerbs- und Hausarbeit weiter zementiert. Männer gehen einer Arbeit außer Haus in einem Normalarbeitsverhältnis nach, während Lohnarbeit von Frauen immer noch als Zusatzeinkommen für den Haushalt verstanden wird.

Österreich zählt nach wie vor zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern. 2019 lag die Einkommens Differenz in Österreich. Der viel zitierte Gender Pay Gap im Durchschnitt bei 9 und 10,9 Prozent. Die Gründe für diese hohen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern sind nur teilweise erklärbar, etwa mit der Schulbildung oder der Berufswahl. Jedoch kann damit der gesamte Gender Pay Gap nicht erklärt werden. Diskriminierung ist verantwortlich für den Großteil des Lohnunterschiede. Frauen verdienen weniger als Männer, weil sie Frauen sind.

Gestaltung: Annemarie Steidl und Therese Garstenauer, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universtität Wien/oe1.orf.at