Mann mit Polaroidkamera

POLYFILM FILMVERLEIH

Ode ans Analoge

Doku "An Impossible Project"

Eigentlich ist der Wiener Florian Kaps studierter Biologe und spezialisiert auf die Erforschung von Spinnenaugen, doch anstelle der Wissenschaft hat er sich dem Unternehmertum verschrieben. Dabei hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt des Analogen vor dem Verschwinden zu bewahren. Welche Aktivitäten Kaps dabei im Sinn hat, das zeigt auf amüsante Weise der Dokumentarfilm "An Impossible Project".

Hier eine WhatsApp-Nachricht, dort ein Blick auf Instagram, immer mehr Streaming im Wohnzimmer, Zeitung lesen auf dem Smartphone, fotografieren damit sowieso. Das Digitale hat die heutige Lebenswelt fest im Griff, analoge Apparaturen werden mehr und mehr zu Auslaufmodellen.

Doch so sehr das Digitale auch praktische Vorteile bietet, so sehr verliert die Menschheit etwas mit dem Verschwinden des Analogen, wie der Wiener Florian Kaps, genannt "Doc" meint: "Das Digitale ist immer auf zwei Sinnesebenen reduziert, nämlich hören und sehen, aber man kann nicht daran lecken, man kann es nicht angreifen und nicht daran riechen. Der Mensch funktioniert aber nur mit all seinen fünf Sinnen gut."

Polaroid-Filmfabrik gerettet

Die Errettung des Analogen ist für Florian Kaps zum Lebensprogramm geworden, der Film "An Impossible Project" quasi ein Beweisdokument. 2008 rettet der Doktor der Biologie die letzte Polaroid-Filmfabrik in Holland vor dem Zusperren. Die Weiterführung erweist sich anfangs als "Impossible Project" mit vielen Hürden, nicht nur finanzieller, sondern auch chemischer Natur: Die chemische Formel für die Polaroid-Filme war nutzlos geworden, weil einige der Chemikalien dafür nicht mehr verfügbar waren.

Sammlung analoger Geräte

Schließlich gelang die Wiederbelebung der Fabrik dennoch, mit emotionalen Höhen und Tiefen, Glücksmomenten und Enttäuschungen. Neben dem Polaroid-Projekt macht das Filmteam auch Abstecher zur Firma Moleskine nach Mailand, Hersteller edler Notizbücher, in ein deutsches Schallplattenpresswerk, in das Südbahnhotel am Semmering und in die Wiener Praterstraße, wo Florian Kaps analoges Equipment sammelt, darunter Druckmaschinen, analoge Mischpulte und eine alte Musicbox.

Dahinter steckt keineswegs nur Nostalgie, sagt der studierte Biologe, Unternehmer und Erhalter analoger Technik Florian Kaps - sondern das Bedürfnis nach einer reicheren, sinnlich erlebbaren Welt. Die letzten zwei Jahre im Pandemie-Modus hätten gezeigt, wie viel uns verloren geht, wenn man sich weitgehend auf digitale Kommunikation und Geräte beschränken muss.

In Wien betreibt ein Team rund um Florian Kaps das Zentrum "Supersense", wo unter anderem mit analoger "Direct-Cutting"-Technik Schallplatten aufgenommen werden und eine Papeterie und Druckerei untergebracht sind. Vorne ist das Café Dogenhof untergebracht und in den hinteren Teilen dieses Wiener Traditionslokals wird auf einer alten Heidelberger Maschine gedruckt und noch weiter hinten werden auf einer Pariser Studioanlage aus dem Jahr 1959 Schallplatten hergestellt. Für Ö1 erklärt Supersense-Mitarbeiter Martin Diamant den Prozess des "Direct Cutting" von Schallplatten.

Laute Musik braucht mehr Platz als leise ...

Doch zurück zum Film "An Impossible Project". Selbstredend, dass auch der nicht digital, sondern analog gedreht wurde. Regisseur Jens Meurer: "Ich wollte einfach ausprobieren, ob und wie das überhaupt noch möglich ist, mit 35 Millimeter-Material zu drehen, auch wenn das teurer ist und mehr Zeit kostete."

Auch Charakterporträt

"An Impossible Project" ist keine Polemik gegen das Digitale, sondern mehr ein Aufruf zur Bewahrung des Analogen. Neben allerlei technischen Skurrilitäten ist die Doku auch das Charakterporträt eines Rastlosen, der unternehmerischen Spirit mit gewagten Visionen verbindet, der gerne auch persönlich etwas riskiert.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger

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