Lotte de Beer

APA/TOBIAS STEINMAURER

Volksoper

De Beer präsentiert erste Saison

Ab Herbst 2022 wird die niederländische Regisseurin Lotte de Beer die Wiener Volksoper leiten und damit Robert Meyer, der 16 Jahre lang Direktor war, ablösen. Nun haben Lotte de Beer und ihr neuer Musikdirektor Omer Meir Wellber ihre Pläne für das Haus und ihre erste Saison vorgestellt.

Als erste Frau in der 124-jährigen Geschichte der Volksoper tritt Lotte de Beer ihre erste Pressekonferenz an: Energiegeladen, enthusiastisch und mit von Stimmbandentzündung angeschlagener Stimme.

Lotte de Beer

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Pastellfarbig und zauberhaft vom Buffet bis zum Programmheft deutet das neue Logo die zukünftige Brückenfunktion des Hauses an: Das große V ist zweigeteilt - der eine Strich im traditionellen Schriftzug gehalten, der zweite durch Kleckse, Schmetterlinge oder Blüten ersetzt. "Wo Brücken gebaut werden zwischen Damals und Heute, zwischen Unbekannt und Bekannt, zwischen Nostalgie und Utopie, ein Zuhause auch für Künstler:nnen, wo die Tinte noch nass ist und ‚work in progress‘ nie richtig fertig sein muss", so de Beer.

Zwischen Nostalgie und Utopie

Im Operettengenre zeigt sich die ganze Spannweite dieser Brücke. So wird der allerersten Operette der Musikgeschichte, Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" eine Operetten-Uraufführung gegenüberstehen. In "Die letzte Verschwörung" setzt sich der deutsche Komponist Moritz Eggert mit dem brandaktuelle Thema Verschwörungstheorien auseinander. Am Klavier präsentierte er sein Werk launig in Kurzfassung.

Der Kabarettist Harald Schmidt wird neben Annette Dasch, in der Millöcker Operette "Die Dubarry" als Ludwig XV. sein Volksoperndebüt geben. Und der türkische Regisseur Nurkan Erpulat - bekannt von seinen Volkstheater-Inszenierungen - setzt Mozarts "Entführung aus dem Serail" um. Ihn kenne sie schon, so de Beer von seiner Arbeit "Verrücktes Blut": "Er hat mein ganzes westliches Weltbild auf den Kopf gestellt. Das war gut, klug, spannend, leicht und humorvoll und verstörend gleichzeitig."

McDonald, Happel und de Keersmaeker

In der "Dreigroschenoper" darf die Brecht/Weill erprobte Sona MacDonald erstmals als Mackie Messer auf der Bühne des Hauses stehen. Und vom Burgtheater borgt man sich die omnipräsente Maria Happel, die die Fledermaus neu einstudiert. "Sie wird selber auch Frau Frosch spielen und schaut sich an, wie wir diese geliebte Produktion wieder erfrischen können", so de Beer.

Anne Teresa de Keersmaeker wird in Kooperation mit den Wiener Festwochen einen noch nicht näher definierten Pop-Abend präsentieren, das Wiener Staatsballett zeigt unter anderem "Promethean Fire", und als Familienstück gibt es einen Tschaikowsky-Mix aus Ballett und Oper mit "Jolanthe" und der "Nussknacker", bearbeitet vom neuen Musiktheaterdirektor Omer Meir Wellber. "Ich glaube an diese Bearbeitungen und Verbindungen von mehreren Stücken. Diese beiden Stücke, die am selben Tag uraufgeführt wurden, sind wirklich miteinander verbunden, auch musikalisch. Zwei Sachen waren wichtig für uns: Ballett und Kinder - falsch kann das nicht sein", so Wellber.

Ein kräftiges Statement

Im neu eingerichteten Opernstudio der Volksoper, werden sechs junge Sängerinnen und Sänger, sowie ein Pianist, eine Pianistin, die Möglichkeit haben sich weiterzuentwickeln, und das Volksopernorchester wird sich mit speziellen Konzerten sinfonisch in Schwung halten. "Das Orchester das letzte Mal vor langer Zeit Konzerte gespielt", so Wellber. Das erste Konzert werde im Konzerthaus stattfinden.

Zum neuen Innenleben erhält das Haus am Gürtel über den Sommer ein neues Äußeres. Die Fassade wird erneuert und auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert. Fazit: Kein Tabula rasa sondern eine kluge Melange aus Bewährtem und Neuem, publikumsfreundlichen Experimenten, und beliebten Namen. Der Verzicht auf Musical zugunsten eines Schwerpunktes auf die Operette, die man nicht nur inszenatorisch, sondern auch inhaltlich ins 21. Jahrhundert führt. Neue Kooperationen und Partnerschaften und ein wichtiger Fokus auf den Nachwuchs vor und auf der Bühne. Trotz angeschlagener Stimme hat Lotte de Beer mit ihrem ersten Programm ein kräftiges Statement von sich gegeben.

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