Iris Karl

PRIVAT

Ö1 Talentebörse

Iris Karl, Grafik

Iris Karl ist Masterstudentin (MA Visuelle Kommunikation, Prof. Tina Frank) an der Kunstuniversität Linz. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit verschiedenen Formen des Publizierens und der Frage, wie Austausch und Auseinandersetzung innerhalb der Designausbildung gestaltet werden können. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit konzipierte sie den Workshop Tools for Talking, der eine Vielzahl möglicher Gesprächssituationen generiert. Iris lebt und arbeitet in Wien.

Was ist Kunst?

Darauf gibt es viele Antworten. Sicher ist jedoch, dass gestalterische Arbeiten immer aus sozialen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen heraus entstehen. Ich verstehe Kunst demnach als Sprachrohr für gesellschaftspolitische Fragestellungen. Aggie Toppins bringt im Artikel „Can We Teach Graphic Design History Without the Cult of Hero Worship?“ ein gutes Beispiel: Als Jan Tschichold in den späten 1940er Jahren ein Standardisierungssystem für die Penguin Books entwarf, war das neben einer wegweisenden gestalterischen Leistung (so die geschichtliche Überlieferung), vor allem auch eine Reaktion auf sein soziales Umfeld, indem er Systeme zur Standardisierung entwickelte.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Ich komme aus dem Bereich des Grafikdesigns und würde mich daher eher als Grafikdesignerin und weniger als Künstlerin bezeichnen. Allerdings finde ich auch, dass man nicht allzu streng sein sollte beim Definieren dieser Grenzen, da Gestaltung sehr oft disziplinübergreifend stattfindet. Zum Grafikdesign bin ich – relativ unspektakulär – über die Wahl des Studiums gekommen.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Künstlerische Arbeiten entstehen aus den verschiedensten Motiven. Das kann beispielsweise die Anwendung bestimmter Fertigkeiten betreffen, auf Abhängigkeitsverhältnisse zurückzuführen sein oder auf Eigeninitiative beruhen. Diese Motive können sich natürlich auch überschneiden beziehungsweise einander bedingen. Aus diesem Grund erachte ich es als wichtig, künstlerische Arbeiten und die damit verbundenen Produktionswege und Biografien stets zu kontextualisieren. Kunst ist keine unabhängige Variable, sondern steht in Verbindung mit Anderem/n und verweist auf Fragen, Themen und Ideen.

Wo würden Sie am liebsten ausstellen?

Eine Freundin hat mir letztens von der Idee, einen Kiosk als Ausstellungsformat zu verwenden, erzählt. Das würde mir schon sehr gut gefallen.

Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Die Frage, mit wem ich zusammenarbeiten möchte, ist auch eine Antwort auf die Frage, wie diese Zusammenarbeit stattfindet. Ein wichtiges Kriterium für mich ist, dass es Raum für Austausch gibt, in dem man sich wohlfühlt, gestalterische Ansätze und Entwürfe zur Disposition zu stellen. Dabei muss man nicht immer einer Meinung sein – Kollaboration ist in den meisten Fällen mit Konflikt verbunden. Eine nachhaltige Zusammenarbeit drückt sich für mich auch dadurch aus, wie man mit diesen Konfliktsituationen umgeht. Gute Gestaltung findet für mich auf Augenhöhe statt. Dafür benötigt es Vertrauen und einen respektvollen Umgang miteinander. Aus diesem Grund arbeite ich sehr gerne mit Freund*innen zusammen – besonders viel Freude hat mir beispielsweise das Projekt Gestaltungsberatung Linz (@gestaltungsberatunglinz) bereitet.

Wie viel Markt verträgt die Kunst und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Das hängt davon ab, unter welchem Markt Kunst stattfindet und umgekehrt. Welche Bedürfnisse werden gedeckt? Wer darf partizipieren? Unter welchen Bedingungen passieren Produktionsschritte? Das Verständnis davon, wie „Markt“ und „Kunst“ funktionieren, ist an politische Ansichten, Auffassungen und Ideologien geknüpft. Aus diesem Grund ist es schwierig, die Frage zu beantworten, da diese Begriffe stets verortet werden müssen

Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?

Ich hätte wirklich gerne einen A3-Scanner.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Der Kiosk wäre da schon realistisch.

Haben Sie einen Plan B?

Bücher zu Ende lesen – ich höre immer irgendwo in der Mitte auf.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Als ich aus der Bibliothek entlehnte Bücher nach einem sehr (!) langem Zeitraum retourniert habe (vermutlich, weil ich sie nie zu Ende gelesen habe).

Wollen Sie die Welt verändern?

Das ist eine sehr große Frage. Um sie zu beantworten, ist es sinnvoll, ein paar Schritte zurückzugehen: Die Art und Weise, wie Veränderung stattfinden kann ist stets an Handlungsspielräume gekoppelt. Betrachtet man beispielsweise die Klimakrise, so sind die Unternehmen, die für den Großteil der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind, schnell gezählt. Natürlich ist es richtig und wichtig, den eigenen Alltag ebenso klimafreundlich und nachhaltig zu gestalten. Was ich jedoch sagen möchte ist, dass Veränderung immer auch ein Ausdruck von Ressourcen und Privilegien ist beziehungsweise anders ausgedrückt: eine Form von Macht. Die Frage könnte auch lauten, wie diese Macht verteilt werden kann oder welche Wege es gibt, sich in diese Machtverhältnisse einzuschreiben.

Übersicht

Ö1 Talentebörse