Verbindungen in Cyberspace, Illustration

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Gemeinsames Login "Mediakey"

Es ist Kooperation - und wer geht hin?

Gemeinsame Sache machen im Kampf gegen die Internet-Giganten. Das ist die Devise von ORF und Verlegern. Eine neue Waffe im Kampf David gegen Goliath soll jetzt ein gemeinsames Login werden. Ab 18. Oktober wird man sich mit nur einer E-Mail-Adresse und einem Passwort beim ORF und bei mehreren Medienhäusern registrieren können. Dieses gemeinsame Login heißt "Mediakey", und es soll den Medienstandort stärken.

Zumindest die Hoffnung ist groß, dass das gelingt. Das gemeinsame Login für mehrere Medienhäuser soll ein Köder in die digitale Welt der Medienhäuser sein, sagt zum Beispiel Michael Kaufmann, er leitet das Projekt bei den "Oberösterreichischen Nachrichten, kurz OÖN: "Wir glauben, dass es für uns als Medienhäuser wichtig ist, unsere Leserinnen und Leser besser kennenzulernen." Dafür gebe es auch Anreize: Wer registriert ist, könne bei Gewinnspielen mitmachen, mitdiskutieren und Kommentare schreiben. Das soll Lust auf das Digital-Abo machen, deshalb könne man es auch gleich drei Tage lang testen. "Ein registrierter User wird schneller ein Digital-Abo-Kunde", so die Hoffnung. Darauf setzen auch andere: Mit dabei sind vorerst die "Tiroler Tageszeitung", die "Vorarlberger Nachrichten", die Mediengruppe "Österreich", der von der Austria Presse Agentur betriebene "Austria Kiosk" - und der ORF. "Kurier" und "Kleine Zeitung" sollen folgen.

Digitaler Schlüssel, der überall sperrt

Bei vielen Medienhäusern, auch bei den OÖN, muss man sich ja schon einloggen, um einige Artikel mitlesen zu können oder mitdiskutieren zu können. Der einheitliche "Mediakey" ergänzt nur das bestehende Angebot - schon vorhandene Accounts können verknüpft werden. Mit dem Vorteil, dass man sich für alle dann nur noch eine E-Mail-Adresse und ein Passwort merken muss. Beworben wird das bei den Usern mit dem Slogan "Einer für alle" - Motto: Ein Schlüssel sperrt alle Schlösser. Michael Kaufmann: "Es ist ein ganz großer Vorteil, nur einen Zugangsschlüssel zu haben zu den österreichischen Medieninhalten. So wie man es von Google und Facebook kennt." Man wolle nicht länger das Feld den Amerikanern überlassen. Es geht aber nur um eine einheitliche Registrierung, dahinter verbirgt sich keine Bezahlschranke. Das Digital-Abo wird extra abgeschlossen. Auch die User-Daten bleiben bei den jeweiligen Medienhäusern.

Ohne Registrierung geht nichts mehr

Die Registrierung sei auch eine Frage der kaufmännischen Vernunft, sagt der Medienökonom Matthias Karmasin. Inhalte frei zur Verfügung zu stellen und auf Reichweite zu hoffen, sei kein tragfähiges Geschäftsmodell. Die Logik: nur wer - so wie zum Beispiel Facebook und Google - seine User kennt und weiß, was sie mögen, kann bessere Angebote machen, die letztlich auch Geld bringen und helfen, Qualitätsjournalismus zu finanzieren. Das ist besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass Werbegelder ja bekanntlich immer mehr an eben diese großen US-Konzerne abfließen. Das gemeinsame Login könnte also den Medienstandort stärken. "Propaganda gibt es immer gratis und immer überall. Und Qualitätscontent muss ich so leicht und so gut wie möglich zugänglich halten", sagt Karmasin.

Hundertausende Nutzer sind das Ziel

Abgewickelt wird das "Mediakey"-Projekt von der Austria Presse Agentur APA, die Medienhäuser zahlen dafür eine Lizenzgebühr. Dass vorerst nur einige Medienhäuser mitmachen, kommentiert Geschäftsführerin Karin Thiller pragmatisch: "Es ist ein erster Schritt. Aber jeder Nutzer, der einmal registriert ist und der es verwendet und der sich damit auch einloggt, ist ein Gewinn. Dann können die Medien früher oder später vielleicht auch gemeinsame Inhalte und Angebote machen. Sie können vielleicht auch der Werbung ein bisschen mehr bieten als im Moment." Als Vorbild gelte die Schweiz, wo es bereits so ein gemeinsames Login für Medienhäuser gibt. "Mittelfristig würde ich den Erfolg definieren, wenn es Nutzer in Hunderttausender-Höhe gibt. Und ich würde mir wünschen, dass früher oder später jeder medien-interessierte Österreicher einen solchen Account hat und den Medien gleiche Chancen und den gleichen Kredit einräumt, wie man das selbstverständlich den internationalen Plattformen zugesteht."

ORF als Zugpferd für den „Mediakey“

Dass der ORF mitmacht, sei besonders wichtig, weil er Reichweite bringt. Aber auch für den ORF führe kein Weg daran vorbei, sagt Karl Petermichl, der beim ORF dafür zuständig ist. "Der ORF macht mit, weil eine moderne Online-Plattform ohne die Login-Möglichkeit undenkbar ist", sagt Petermichl und nennt die Mediatheken von BBC, ARD und CNN als Beispiele. Weil auch der ORF eine Plattform werden will, gehe es also nicht ohne. In einem ersten Schritt wird das neue Login aber nur auf der ORF-Debattenseite eingesetzt, wo es ja schon eine Registrierpflicht gibt. Anders als die Verlage darf der ORF die Daten der User noch nicht dazu nutzen, persönliche Angebote zu machen - das könnte aber das neue ORF-Gesetz ermöglichen. Ein Beispiel für einen unmittelbaren Nutzen wäre auch die Altersangabe. Ein Vorteil wäre etwa: Nutzer könnten auch tagsüber den „Tatort“ nachschauen.
Aber grundsätzlich helfe der ORF natürlich, den „Mediakey“ zu verbreiten. Nach dem Motto: "Das kenn ich schon vom ORF, dem vertraue ich, das nütze ich auch für andere Medien", meint Petermichl. Die Nutzer sollen Vertrauen haben in eine einfache, österreichische Lösung, wo ihre Daten in Österreich bleiben.

Nicht alle sind überzeugt vom Login

Aber nicht alle Medienhäuser sehen das Potenzial des gemeinsamen Logins. Nicht dabei sind zum Beispiel die "Krone", "Die Presse", die "Salzburger Nachrichten" oder "Der Standard" – dessen Geschäftsführer Alexander Mitteräcker sagt, warum: "Wir haben Zig Projekte intern in der Pipeline und hätten da eine Entscheidung treffen müssen, Ressourcen bereitzustellen. Wir sehen die Dringlichkeit nicht, da als Erstes dabei zu sein.“ Hinter vorgehaltener Hand sagen das auf Nachfrage auch andere Verleger.

Schmaler Grat für Qualitätsjournalismus

Was also, wenn im Kampf David gegen Goliath nicht alle dabei sind? Genau das könnte das Projekt schwächen, meint Karmasin: "Es gibt in dieser Konfiguration eigentlich nur die Möglichkeit, dass alle, zumindest alle Qualitätsmedien, hinter eine solche Login-Schranke gehen. Denn sonst wird immer das Problem bestehen, dass diejenigen ein bisschen Traffic abschöpfen, die nicht hinter so einer Schranke sind.“ Einen Rettungsanker für den Qualitätsjournalismus sieht Karmasin in dem Login also nicht? "Nein, weil ich meine, dass die Vertriebserlöse, die generierbar sind, nicht reichen werden.“ Sollte sich die Registrierung nicht durchsetzen und sich für viele als Hürde erweisen, könnte sich das in Kombination mit einem eingeschränkten Angebot auf orf.at sogar als Rückschritt für die Verbreitung von Qualitätsjournalismus im Netz erweisen, befürchtet Karmasin. Umso wichtiger sei die neue Medienförderung, die Qualitätsjournalismus absichern soll.

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